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AUSGANSSITUATION
(BEDIENUNGSANGEBOT, VERKEHRSANLAGEN, VERKEHRSAUFKOMMEN)
Bestandsaufnahme
verkehrserzeugender Strukturen erarbeiten
Für eine systematische kleinteilige Analyse über Standorte von Einrichtungen
und Institutionen sollte mittelfristig in Zusammenarbeit mit den Kommunen eine
Bestandsaufnahme der verkehrserzeugenden Strukturen erarbeitet werden:
Wo liegen soziale und
kulturelle Einrichtungen?
Welche Ortsteile verfügen
nicht über grundlegende soziale und kulturelle Infrastruktur?
Welcher Bewegungsbedarf
entsteht daraus? (3)
Gesamtverkehrsgeschehen im
Großraum Hannover: Daten nicht geschlechterspezifisch differenziert
Bisher unzureichend ist die Datenlage
auch hinsichtlich der Mobilität von Frauen:
Verkehrserhebungen sind in
den wenigsten Fällen geschlechterdifferenzierend ausgewertet,
Wege im Zusammenhang mit
Versorgungsarbeit werden nicht oder nicht gesondert erfaßt,
die für den
Verkehrsalltag der meisten Frauen kennzeichnende Kombination von Wegen ist mit den
bisherigen Methoden nicht erfaßbar und wird daher ausgeblendet.
Alle diese Faktoren führen
dazu, daß spezielle Mobilitätsbedürfnisse von Frauen übersehen werden bzw.
selbst dann, wenn sie formuliert werden, Kundinnenpotentiale nicht quantifiziert werden
können. (13)
-
- Unterschiedliche Mobilität von Männern
und Frauen
- Hausfrauen, erwerbstätige Frauen und
erwerbstätige Männer legen täglich annähernd gleich viele Wege zurück und brauchen
pro Weg dafür etwa gleich viel Zeit. Der Unterschied besteht darin, daß Männer sich
schneller und in einem größeren Radius bewegen. Bei gleicher Infrastrukturausstattung
wählen Männer signifikant entfernter liegende Orte. (13)
- Analyse der Berufspendlerströme:
Verbindungen in benachbarte Orte gefragt
- Es liegen für die Region Hannover keine
geschlechterdifferenzierenden Daten vor. Grundsätzlich ist aber bekannt:
- Frauen benutzen auch für Arbeitswege
durchschnittlich seltener als Männer ein Auto, dabei ist der Zeitaufwand für die
Erwerbsarbeitsmobilität durchschnittlich bei Frauen und Männern gleich hoch.
- Frauen bewegen sich eher im Nahraum, deshalb
ist die Bedeutung angrenzender Orts- und Stadtteile hoch besonders in der
Kernrandzone sind Wegeverbindungen in benachbarte Orte/Ortsteile gefragt.(15)
-
- Die meisten Wege werden ohne Pkw
zurückgelegt; die meisten Fahrten werden zu Versorgungs- und Freizeitzwecken unternommen
- Etwa 40% aller Wege in der Hannover Region
werden zu Fuß oder per Fahrrad zurückgelegt. Zusammen mit dem ÖPNV beträgt damit der
Anteil des Umweltverbundes (Fußgänger, Rad- und öffentlicher Verkehr) am
Gesamtverkehrsaufkommen über 50%.
- Weniger als die Hälfte aller Wege im Raum
Hannover werden mit dem Pkw zurückgelegt im Landkreis Hannover 44%, in der Stadt
35% (1990, Fahrer und Mitfahrer; 17f. - auch hierfür liegen keine
geschlechterdifferenzierenden Daten vor).
- Die überwiegende Zahl von Wegen wird
im Einkaufs- und Freizeitverkehr zurückgelegt (18, jeweils ca. 30%).
- Die klassischen Pendelbeziehungen
(Wege von und zur Arbeit/ Schule/ Ausbildung) machen nur noch ca. 30% aller
Verkehrsbewegungen aus. (18)
-
- PROGNOSE
-
- Abwanderung von Fahrgästen verhindern
Bewegungsbedarf von Frauen deshalb besonders wichtig
- Neben der Gewinnung von Neufahrgästen
wird es aufgrund des für den ÖPNV eher negativen Trends ganz wesentlich auch darum gehen
müssen, die Abwanderung vorhandener Fahrgäste zu verhindern. Ein besonderes Augenmerk
muß dabei auf weibliche Kunden gelegt werden.
- Frauen sind als heutige
Hauptnutzerinnen des ÖPNV auch Hauptabwanderungspotential. Die Angebote des ÖPNV
müssen deshalb verstärkt dem Bewegungsbedarf von Frauen entsprechen. (14)
-
- ZIELE UND LEITLINIEN
-
- Abbau ungleichwertiger
Mobilitätschancen- mit Augenmerk auf Frauen
- Ziel ist die Herstellung
gleichwertiger Lebensbedingungen und Mobilitätschancen für die Bevölkerung des
Großraumes.
- Aufgrund bestehender Benachteiligungen von
Frauen ist besonderes Augenmerk auf den Abbau dieser Benachteiligung und die Verbesserung
ihrer Mobilitätschancen zu legen. (5)
- Die Fahrgäste als Ziel des Handelns
- Die Bedürfnisse der Fahrgäste
müssen unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit bei der Gestaltung des
Angebotes im Vordergrund stehen. Die betrieblichen Anforderungen haben sich den
Fahrgastbedürfnissen unterzuordnen.
- Das Verkehrsangebot muß sich an den
tatsächlichen Alltagsbewegungen der Bevölkerung in unterschiedlichen Lebenssituationen
orientieren.
- Dabei sind die Bedürfnisse nach sozialer
Sicherheit zu berücksichtigen. Das bedeutet, daß Gefahrenorte identifiziert,
entschärft und bei der weiteren Planung vermieden werden müssen. (7)
- Als Qualitätskriterien sind anzulegen
(8):
- räumliche Erreichbarkeit (Erschließung)
- zeitliche Erreichbarkeit (zeitlich passende
Angebote)
- Gesamtreisezeit (Zeitbedarf vom Start bis
zum Ziel, nicht nur reine Fahrzeit)
- technische Gebrauchsfähigkeit (keine
Nutzungshemmnisse auf dem Weg von und zur Haltestelle bei Fahrzeugen und Anlagen)
- soziale Gebrauchsfähigkeit (Ambiente,
Bezahlbarkeit, Service, Sauberkeit)
- soziale Sicherheit (vor Bedrohung,
tätlichen Übergriffen)
- Unfallsicherheit,
- Betriebsqualität (Pünktlichkeit).
- Die Kundinnen und Kunden sind soweit
wie möglich in die Planung mit einzubeziehen (8)
Mindestbedienung im Freizeitverkehr und
für private Erledigungen
- Orte von Kultur, Freizeit- und Sport
sowie Sozialeinrichtungen mit überörtlicher Bedeutung sollen mit öffentlichen
Verkehrsmitteln entsprechend dem Bedarf erreichbar sein (14).
- HANDLUNGSBEDARF UND MASSNAHMEN:
QUERSCHNITTSTHEMEN
Gleichstellungsleitlinien seit 1990
- Über Leitlinien für die Herstellung
der Gleichstellung von Frau und Mann im Bereich Verkehrsplanung verfügt der
Kommunalverband seit 1990 (vgl. Informationsvorlage III/817 vom 30.05.1990). Seitdem wird
an der Umsetzung dieser Leitlinien gearbeitet: Einerseits durch Beteiligung der
Gleichstellungsbeauftragten, andererseits durch frauenzentrierte Projekte bei
Objektplanungen bzw. in der Angebotsplanung. (24)
Nichtwahrnehmung von frauenspezifischem
Bewegungsbedarf
- Die in der Vergangenheit übliche
Ausrichtung des ÖPNV auf den Erwerbsarbeits- und Schulverkehr führte dazu, daß der aus
dem Alltag von Frauen resultierende Bewegungsbedarf nicht wahrgenommen wurde.
Entsprechende Angebote fehlten deshalb vor allem in Bereichen mit geringerer
Verkehrsnachfrage. Um diese "blinden Flecken" zu erhellen, arbeitet der
Kommunalverband mit dem Instrument der "Mängelanalyse aus Frauensicht".
Sichtbar wird dadurch Bewegungsbedarf, der bisher nicht durch öffentlichen Verkehr
abgedeckt wurde. (24)
Instrument der Mängelanalyse aus
Frauensicht
- Das Instrument der Mängelanalyse aus
Frauensicht ist bundesweit noch in der Entwicklung begriffen; der Kommunalverband
beteiligt sich maßgeblich an dieser Entwicklungsarbeit. Ein erster Baustein war die
Bedarfs- und Angebotsüberprüfung des öffentlichen Verkehrs in Ronnenberg aus
Frauensicht (1994). Exemplarisch ist für die Stadt Ronnenberg frauenrelevante
Infrastruktur erhoben und deren Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln
abgeglichen worden. (24)
Frauenspezifische Fragestellungen im
Regionalbuskonzept
- Weiterentwickelt wurde dieses Verfahren im
Jahr 1996 bei der Erstellung des Regionalbuskonzeptes für den Südwestquadranten.
Frauenspezifische Fragestellungen wurden in die Analyse und Konzepterstellung integriert.
Ziel war es, das künftige Busangebot auch auf der Grundlage einer
geschlechterdifferenzierenden Analyse des Bewegungsbedarfs und möglicher
Fahrgastpotentiale zu erstellen (25).
Sicherheit vor (Männer-)Gewalt
Voranzustellen ist:
- Gewalt gegen Frauen ist vor allem ein
gesellschaftliches Problem.
- Planerische, bauliche und technische
Maßnahmen reichen nicht aus, um diese Gewalt abzuschaffen. Sie können jedoch der Gewalt
gegen Frauen Hindernisse entgegenstellen und ihnen Mut machen.
- In diesem Handlungsfeld geht es zunächst
darum, Gefahrenorte zu identifizieren, um sie zu entschärfen und bei weiteren
Planungen vermeiden zu können.
- Ziel der Maßnahmen zur Erhöhung der
Sicherheit von Frauen ist es, das tatsächliche oder vermutete Entdeckungsrisiko für
potentielle Täter insbesondere durch soziale Kontrolle zu erhöhen: Vorrangig durch
Belebung und Erhöhung der Aufenthaltsqualität. (26)
- Kritik von Nutzerinnen
am Bahnhof Wunstorf bei der Planung neuer Stationen genutzt
Im Projekt "Frauen abends
unterwegs" wurde 1990 am Beispiel des Bahnhofes Wunstorf untersucht, wie eine solche
Verkehrsanlage aussehen müßte, damit Frauen sie angstfrei benutzen können. In einer
"Bürgerinnenwerkstatt" erarbeiteten Wunstorferinnen eine Mängelanalyse und
Änderungsvorschläge, deren Umsetzung vor allem von der örtlichen Frauenbeauftragten
betrieben wurde.
- Die dort gewonnenen
Erkenntnisse wurden in der Folge für die Planung neuer Verkehrsanlagen genutzt,
insbesondere bei der Gestaltung der neuen S-Bahn-Stationen.
- Der Kommunalverband ist sich bewußt, daß
Frauen sehr sicherheitssensible Nutzerinnen sind, und die subjektive Sicherheit ein
zentrales Kriterium für ihre Verkehrsmittelwahl ist.
- Der KGH wird auch zukünftig alle
Möglichkeiten nutzen, den Kundinnen angstfreie Bewegungsfreiheit zu ermöglichen.
(26)
Kommunikation zwischen Planenden und
Nutzerinnen
- Entwickelt werden Wege der Kommunikation
zwischen Planenden und Planungs-betroffenen, bei denen die Einbeziehung von Frauen
sichergestellt ist.
- Planen für Frauen, mit Frauen, von Frauen
ist der Leitgedanke.
- Das erste Experiment in dieser Richtung war
die oben beschriebene Bürgerinnen-Werkstatt in Wunstorf Frauen abends
unterwegs
- In den Projekten "Frauen
gewinnen Bewegungsfreiheit" (Hannover-Linden) und "Ronnenbergerinnen werden
mobil" wurden Mobilitätsbedarf und -hindernisse von Frauen untersucht. Beteiligt
waren Frauen aus einem stark verdichteten Stadt- bzw. Ortsteil einer ländlicheren
Kommune.
- Der nächste Schritt war die Übertragung
dieser Ansätze in das Verfahren bei Angebotsplanungen. Bei der Angebotskonzeption für
den Regionalbus im Südwestquadranten wurde für alle Kommunen eine Mängelanalyse aus
Frauensicht erarbeitet, aus der Hinweise für die Planung abgeleitet werden konnten. Daran
wird bei den weiteren Schritten des Regionalbuskonzeptes angeknüpft werden.
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