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1. Wie wirkt das Geplante auf Erwerbsarbeitsplätze von
Frauen?
Lage, Zuordnung und Erreichbarkeit der Arbeitsstätten haben
große Auswirkungen auf die räumliche Situation von Frauen darüber wird aber
überwiegend außerhalb der räumlichen Planung entschieden.
Wird durch die Planung die Erreichbarkeit von
Frauenerwerbsarbeitsplätzen verbessert oder verschlechtert?
Führt die Planung zu einem besseren oder schlechteren Nebeneinander
von Wohnen, Arbeiten, sozialen und sonstigen Dienstleistungen?
Postverteilzentrum Pattensen - ein Beispiel für die Grenzen
räumlicher Planung
Die Verlagerung des Postverteilzentrums bei gleichzeitiger
Rationalisierung sichert Arbeitsplätze von Frauen in der Region Hannover - gleichzeitig
werden allerdings bisherige Untergliederungen in anderen Orten geschlossen.
Die Verlagerung vom zentralen Standort ZOB Hannover in ein
Gewerbegebiet am Rande des Verdichtungsraumes verschlechtert die Erreichbarkeit der
Arbeitsplätze - die Beschäftigten sind überwiegend Frauen.
Die bisher vorhandene Nähe von Wohnen und Arbeiten wird für viele
Beschäftigte entfallen - was im Zusammenwirken mit der verlängerten Wegzeit besonders
für diejenigen Frauen, die nachts arbeiten, um für ihre Kinder tagsüber dasein zu
können, eine erhebliche Belastung darstellt.
2. Wie wirkt das Geplante auf
Versorgungsarbeit?
Unter Versorgungsarbeit wird zum
Beispiel Wäschepflege, Hausputz, Einkaufen, Behördengänge, Schulwegbegleitung, Pflege
von Alten und Kranken, Betreuung und Ausbildung von Kindern verstanden. Die Bedingungen
für die Versorgungsarbeit werden durch räumliche Planung auf allen Ebenen beeinflußt.
Verbessert oder verschlechtert die Planung die Erreichbarkeit der
für die Versorgungsarbeit aufzusuchenden Orte? (Einkauf für den täglichen Bedarf,
Spielplatz, Kindergarten, Arztbesuche, Kinderturnen, Altenheim, Reinigung, Paketabholung,
...)
Verkürzt oder verlängert die Planung den Zeitaufwand für das
Erreichen der für die Versorgungsarbeit aufzusuchenden Orte? Hierbei sind die Interessen
der bereits Wohnenden und die der neu Zuziehenden zu beachten.
Verbessert oder verschlechtert die Planung die Aufenthaltsqualität
von Straßen und anderen öffentlichen Räumen - die ja Arbeitsplätze für die
Versorgungsarbeit sind?
Wird durch die Planung die Versorgung mit selbständig erreichbaren
Sport- und Spielmöglichkeiten für Jugendliche und Kinder verbessert oder verschlechtert?
Beispiel: Der Bau einer Umgehungsstraße - positive und negative
Wirkungen auf die Arbeits- und Lebensbedingungen von Frauen
Die innerörtlichen Straßen werden entlastet, die Aufenthaltsqualität
dort steigt, zum Beispiel können schon kleinere Kinder allein Einkäufe erledigen.
Der Schulweg kann sicherer werden und so entfällt der
"Bringedienst".
Der Autoverkehr wird mehr - dadurch steigen die Belastungen durch
Verlärmung der anliegenden Wohngebiete.
Auf den neuen Straßen wird in der Regel höheres Tempo zugelassen -
dadurch entstehen Trennwirkungen bzw. Barrieren - was dazu führen kann, daß Kinder
bestimmte Radwege nicht mehr allein zurücklegen können. Gegebenenfalls müssen Umwege in
Kauf genommen werden.
3. Wie wirkt das Geplante auf die
Bewegungsfreiheit von Frauen?
Die Bewegungsfreiheit von Frauen wird
überwiegend durch regionale und kommunale Planungen (wie städtebauliche Rahmenplanung,
konkrete Bauleitplanung und Objektplanung) beeinflußt. Wenn Orte beziehungsweise
Einrichtungen optimal erreichbar sein sollen, müssen sie autofrei; zu den Zeiten, an
denen sie genutzt werden (das heißt bei Arbeitsplätzen z.B. von Putzfrauen oder von
teilzeit Arbeitenden: auch außerhalb der "Hauptverkehrszeit"!); sicher und auch
aus benachbarten Orten/ Ortsteilen erreicht werden können.
Verbessert oder verschlechtert die Planung die Erreichbarkeit von
"Frauenorten"?
Beispiele: Frauenzentrum, Turnhalle, Begegnungsstätten, Cafe, Volkshochschule
Verbessert oder verschlechtert die Planung die Erreichbarkeit von
Nutzungszentren?
Beispiele: Einkaufmöglichkeiten, Theater, Gemeindeverwaltung, Bücherei.
Verbessert oder verschlechtert die Planung die Mobilitätsbedingungen
von FußgängerInnen, RadfahrerInnen und Bus- und Bahn - Fahrenden?
Frauen legen ihre Wege überwiegend zu Fuß, mit dem Rad sowie mit Bus und Bahn zurück.
Erleichtert oder erschwert die Planung die Kombinierbarkeit von
Wegen? Frauenalltag ist durch die Kombination unterschiedlicher Lebensbereiche
gekennzeichnet: ein Weg, viele "Erledigungen".
Sichert oder gefährdet die Planung die nächtliche Benutzbarkeit
zentraler Wegeverbindungen für Frauen mit den für Frauen wesentlichen Verkehrsmitteln?
Frauen wählen ihre Verkehrsmittel unter dem Gesichtpunkt der Sicherheit vor
Männergewalt. Sie sind sehr sicherheitssensible Nutzerinnen und reagieren häufig mit
Vermeidung auf Räume, die sie als unsicher einschätzen.
4. Wie wirkt das Geplante auf Freiräume
und die Erreichbarkeit von Freiräumen?
Verbessert oder
verschlechtert die Planung das Angebot an wohnungsnahen Freiflächen?
Verbessert oder verschlechtert die Planung die autofreie
Erreichbarkeit (d.h.: eigenständige Erreichbarkeit für Kinder!) von Spiel- und
Erholungsräumen wie Wiesen, Wasser, Bäume..?
Verbessert oder verschlechtert die Planung die Qualität der
öffentlichen Freiräume: wird der Aufenthalt für Frauen dort angenehmer, die
Nutzungsmöglichkeiten vielfältiger?
Verbessert oder verschlechtert die Planung das Angebot an (nicht
privaten bzw. nicht kommerziellen) Kommunikationsräumen?
Verbessert oder verschlechtert die Planung die autofreie
Erreichbarkeit auch der großen Erholungs- und Freizeiträume (d.h. auch: werden diese
Räume durch barrierenbildende Straßen oder Bahntrassen "abgehängt")?
Beispiel: Bebauung einer bisher wohnungsnahen Grünfläche mit einem
großen Wohnungsbauprojekt
Im Großraum Hannover werden Siedlungserweiterungen grundsätzlich an
zentralen Orten vorgenommen - in der Regel im erweiterten Einzugsgebiet des
schienengebundenen Personennahverkehrs. Dies geschieht, um weitere Zersiedelung zu
vermeiden - und die daraus folgenden langen Wege, aufwendige Erschließung mit
öffentlichen Verkehrsmitteln und Probleme mit der sozialen und kulturellen
Infrastrukturausstattung. Damit werden der Region Freiräume erhalten.
Die Freiraumsituation der AnrainerInnen verändert sich bei
Siedlungserweiterungen grundlegend. Einerseits entstehen neue Radwegeverbindungen; neue
Spielplätze verbessern die Möglichkeiten für Kinder, schon früh ohne Aufsicht zu
spielen. Andererseits werden die Wege zu größeren Grünflächen länger, oft ist auf dem
Weg dorthin eine vielbefahrene Straße zu überqueren; durch höheres Verkehrsaufkommen
werden Straßen in den angrenzenden Wohngebieten in ihrer Aufenthaltsqualität
beeinträchtigt. Für kleinere Kinder entfällt hier der Spielplatz "Straße".
Zuerst veröffentlicht als:
Katja Striefler, Handreichung für frauenbezogene Stellungnahmen zum
Regionalen Raumordnungsprogramm Großraum Hannover 1996 in den Kommunen, unter Mitarbeit
von Uta Bornscheuer, Eva Ehrenberg und Kerstin Murken, Typoskript, Hannover 1996
Ansprechpartnerin: Katja Striefler, c/o Referat für
Gleichstellungsfragen, Kommunalverband Großraum Hannover, Arnswaldtstr. 19, 30159
Hannover, Telefon 0511/ 3661-223 |