Kommunalverband Grossraum Hannover/ Referat für Gleichstellungsfragen:
Anlage zum Protokoll des Verkehrsausschusses vom 05. 10. 1998

Information an den Verkehrsausschuss:

Wie sorgt der Kommunalverband dafür, dass bei der Gestaltung der S-Bahn-Stationen dem Sicherheitsbedürfnis der Nutzerinnen Rechnung getragen wird?

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1. Gestaltung von Verkehrsanlagen unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit vor Gewalt – worauf sollte geachtet werden?

Bau- und Nutzungsstrukturen können das Begehen von Gewalttaten erleichtern oder erschweren. So fördern unüberschaubare und nicht einsehbare Bereiche Unsicherheitsgefühle. Ebenfalls negativ wirken Verschmutzungen und Zerstörungen von Bereichen und Einrichtungen, die indirekt vermitteln, dass sich niemand dafür zuständig fühlt („Niemandsraum"). Ähnlich kann auch Einfachstbauweise wirken. Als „kriminalitätsbegünstigend" sollten vermieden werden:

  • indirekte, unklare Wegführungen

  • hohe, dichte Bepflanzungen

  • nicht einsehbare Bereiche, Winkel, Ecken und Durchgänge

  • unzureichende Beleuchtung

  • Verschmutzungen und Zerstörungen

  • Einfachstbauweise

  • fehlende Kontrolle

(vgl. Informationsvorlage III/ 817 – „Frauen im öffentlichen Personennahverkehr" für den Verkehrsausschuss des KGH).

Ziel ist es, das tatsächliche oder vermutete Entdeckungsrisiko für potentielle Täter insbesondere durch soziale Kontrolle zu erhöhen und Frauen und Mädchen Mut zu machen, sich diese Orte anzueignen. Soziale Kontrolle ist am ehesten dadurch zu gewährleisten, dass die Anlagen zu belebten Orten werden.

Belebung kann am besten dadurch erreicht werden, dass durch gestalterische Massnahmen die Aufenthaltsqualität an den Verkehrsanlagen erhöht wird. Ansonsten müssten Stationen, die als besonders unwirtlich erlebt werden, durch die – sichtbare! – Anwesenheit von Personal aufgewertet werden

2. Entwicklung der Zusammenarbeit

Mit der Entscheidung, neue Fahrzeuge zu beschaffen und in Hannover ein S-Bahn-System zu schaffen, wurden 1994 plötzlich auch die Stationen ein Thema. Sie müssen umgebaut werden (Bahnsteigerhöhung, behindertengerechte Gestaltung). Seitens der DB wurde zunächst nur an „Minimallösungen" gedacht: Soviel wie möglich von dem alten Mobiliar sollte weiterverwendet werden, Neukonzeptionen waren nicht vorgesehen. Auf dieser Basis erfolgte auch die Finanzplanung.

Mitarbeiter des Fachbereiches Verkehr bemühten sich intensiv, dass die Chance zur gestalterischen und funktionalen Neukonzeption der Stationen genutzt werden kann – zunächst mit sehr geringer Resonanz bei den anderen Beteiligten. Bei der DB erfolgte die Planung zunächst als reine Ingenieurplanung.

Nach zahlreichen Einzelgesprächen mit MitarbeiterInnen der DB begann ein Umdenken.

  • Ende 1994 wurde zur Koordination zwischen der DB-AG, dem Land Niedersachsen, betroffenen Kommunen und dem Kommunalverband Grossraum Hannover (KGH) ein „AK Stationsausbau" gegründet. Die Gleichstellungsbeauftragte des KGH vertritt dort die Anforderungen von Kundinnen an Sicherheit.

  • Seit Gründung des AK Stationsausbau wurden für möglichst viele Stationen Architekten eingeschaltet. Der KGH legte eine (zwischen dem Fachbereich Verkehr und der Gleichstellungsbeauftragten abgestimmte) Liste zur Ausstattung der Stationen vor. Ende 1994 wurde ein Architektenwettbewerb zur Gestaltung eines „Ausstattungsbaukastens" für die Stationen durchgeführt.

  • Anfang 1995 schlug der KGH vor, nach Art der „BusStops" einige S-Bahn-Stationen herausragend zu gestalten. Trotz positiver Resonanz bei Land, DB, Landeshauptstadt Hannover und Peter Ruthenberg (verantwortlich für die BusStops) kam das Projekt aus finanziellen Gründen nicht zustande. Die Station „Hannover-Nordstadt" wurde schliesslich doch in besonderer Form realisiert.

  • Im Technischen Arbeitsgespräch der an der Planung der S-Bahn-Stationen beteiligten Körperschaften Anfang 1995 warben der Fachbereich Verkehr und die Gleichstellungsbeauftragte des KGH (anhand einer Präsentation des Ist-Zustandes der Stationen Bismarckstrasse und Ledeburg) dafür, die künftigen S - Bahnhöfe „aus dem Dornröschenschlaf zu wecken". Alle Beteiligten stimmten grundsätzlich zu, dass an und um die Stationen herum unbedingt etwas geschehen müsse.

  • Durch Intervention der DB-Zentrale wurden die Ergebnisse des Architektenwettbewerbs zur Ausstattung ad absurdum geführt: Die Zentrale entwickelte selbst einen „Baukasten", aus dem alle Stationen ausgestattet werden sollten. Die Möblierung der Stationen wurde dadurch erheblich verzögert. Anfang 1995 stellte sich heraus, dass die Baukosten der DB beim Streckenausbau verringert werden konnten. Dieses Geld wird innerhalb des S-Bahn-Projektes verschoben und für die Planung und Gestaltung der Stationen zur Verfügung gestellt.

  • Der KGH betraute im November 1995 eine Planerin damit, die Interessen der Fahrgäste bei der S-Bahn-Planung zu vertreten. Diese bringt seitdem die Fahrgastinteressen im AK Stationsausbau ein und verfolgt sie in der Abstimmung über die einzelnen Stationen mit der DB-AG bzw. den planenden Büros. Dabei arbeitet sie sowohl bei allgemeinen Fragen (Transparenz des Mobiliars, Ausstattung mit Telefonen etc.) als auch bei der Prüfung der Detailplanungen eng mit der Gleichstellungsbeauftragten zusammen. Anfang 1996 vereinbarten DB-AG und KGH ein Verfahren für die Beteiligung des KGH an den Detailplanungen.

  • Als Reaktion auf das von der DB-AG im Dezember 1995 vorgelegte „3 - S - Konzept" (Sicherheit – Sauberkeit – Service) legte der KGH im März 1996 ein umfassenderes Sicherheitskonzept vor – erarbeitet von der Gleichstellungsbeauftragten, abgestimmt mit dem Fachbereich Verkehr. Auf Grundlage dieses Sicherheitskonzeptes kam der AK Stationsausbau Mitte 1996 überein, dass alle Stationen mindestens mit Notrufeinrichtungen ausgestattet werden müssen.

3. Zum Beispiel: Tunnel an der Station Weetzen

In Weetzen war bereits ein Tunnel vorhanden; dieser musste aber ersetzt werden, weil er nur über Treppen erreichbar war. Bei dieser Gelegenheit konnte er nach Norden versetzt werden – dadurch ergab sich eine bessere Einsehbarkeit. Weil der Entwurf für den neuen Tunnel aus Sicht des KGH nicht in Ordnung war, erhob der KGH im Planfeststellungsverfahren Bedenken (Auszüge):

„Die Ecken im Tunnel sind nicht abgerundet, so dass uneinsehbare Bereiche und damit Angsträume und Schmutzecken zu erwarten sind. Im Bereich des Bahnsteigs ist kein Lichtschlitz für den Tunnel vorgesehen. Hier wird eine Möglichkeit vertan, Tageslicht in den Tunnel zu führen. Der Tunnel wird unnötig dadurch verlängert, dass das Gleis vier erhalten bleibt, obwohl dieses nicht mehr benötigt wird. Die Führung der Rampen entspricht nicht den heutigen Erkenntnissen einer fahrgastfreundlichen Planung. Es entstünden wiederum vermeidbare Angsträume und Schmutzecken, was sich durch geschwungen angelegte Rampen vermeiden liesse."

Im Planfeststellungsverfahren wurde festgelegt, dass die Ausführungsplanung mit dem KGH abzustimmen ist. Aufgrund der Kritik am Zugangsbereich für den Tunnel wurde der Plan zunächst in Absprache mit dem KGH optimiert (Wege begradigt und Treppeneingang trichterförmig erweitert), anschliessend von der DB-AG ein anderer Architekt beauftragt, neue Pläne erarbeitet.

 

Ansprechpartnerin: Katja Striefler, c/o Referat für Gleichstellungsfragen, Kommunalverband Großraum Hannover, Arnswaldtstr. 19, 30159 Hannover, Telefon 0511/ 3661-223




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