1. Gestaltung von Verkehrsanlagen unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit vor Gewalt
worauf sollte geachtet werden?
Bau- und Nutzungsstrukturen können das Begehen von Gewalttaten
erleichtern oder erschweren. So fördern unüberschaubare und nicht einsehbare Bereiche
Unsicherheitsgefühle. Ebenfalls negativ wirken Verschmutzungen und Zerstörungen von
Bereichen und Einrichtungen, die indirekt vermitteln, dass sich niemand dafür zuständig
fühlt (Niemandsraum"). Ähnlich kann auch Einfachstbauweise wirken. Als
kriminalitätsbegünstigend" sollten vermieden werden:
indirekte, unklare Wegführungen
hohe, dichte Bepflanzungen
nicht einsehbare Bereiche, Winkel, Ecken und Durchgänge
unzureichende Beleuchtung
Verschmutzungen und Zerstörungen
Einfachstbauweise
fehlende Kontrolle
(vgl. Informationsvorlage III/ 817 Frauen im öffentlichen
Personennahverkehr" für den Verkehrsausschuss des KGH).
Ziel ist es, das tatsächliche oder vermutete Entdeckungsrisiko für
potentielle Täter insbesondere durch soziale Kontrolle zu erhöhen und Frauen und
Mädchen Mut zu machen, sich diese Orte anzueignen. Soziale Kontrolle ist am ehesten
dadurch zu gewährleisten, dass die Anlagen zu belebten Orten werden.
Belebung kann am besten dadurch erreicht werden, dass durch
gestalterische Massnahmen die Aufenthaltsqualität an den Verkehrsanlagen erhöht wird.
Ansonsten müssten Stationen, die als besonders unwirtlich erlebt werden, durch die
sichtbare! Anwesenheit von Personal aufgewertet werden
2. Entwicklung der Zusammenarbeit
Mit der Entscheidung, neue Fahrzeuge zu beschaffen und in Hannover ein
S-Bahn-System zu schaffen, wurden 1994 plötzlich auch die Stationen ein Thema. Sie
müssen umgebaut werden (Bahnsteigerhöhung, behindertengerechte Gestaltung). Seitens der
DB wurde zunächst nur an Minimallösungen" gedacht: Soviel wie möglich von
dem alten Mobiliar sollte weiterverwendet werden, Neukonzeptionen waren nicht vorgesehen.
Auf dieser Basis erfolgte auch die Finanzplanung.
Mitarbeiter des Fachbereiches Verkehr bemühten sich intensiv, dass die
Chance zur gestalterischen und funktionalen Neukonzeption der Stationen genutzt werden
kann zunächst mit sehr geringer Resonanz bei den anderen Beteiligten. Bei der DB
erfolgte die Planung zunächst als reine Ingenieurplanung.
Nach zahlreichen Einzelgesprächen mit MitarbeiterInnen der DB begann
ein Umdenken.
Ende 1994 wurde zur Koordination zwischen der DB-AG, dem Land
Niedersachsen, betroffenen Kommunen und dem Kommunalverband Grossraum Hannover (KGH) ein
AK Stationsausbau" gegründet. Die Gleichstellungsbeauftragte des KGH vertritt
dort die Anforderungen von Kundinnen an Sicherheit.
Seit Gründung des AK Stationsausbau wurden für möglichst viele
Stationen Architekten eingeschaltet. Der KGH legte eine (zwischen dem Fachbereich Verkehr
und der Gleichstellungsbeauftragten abgestimmte) Liste zur Ausstattung der Stationen vor.
Ende 1994 wurde ein Architektenwettbewerb zur Gestaltung eines
Ausstattungsbaukastens" für die Stationen durchgeführt.
Anfang 1995 schlug der KGH vor, nach Art der BusStops"
einige S-Bahn-Stationen herausragend zu gestalten. Trotz positiver Resonanz bei Land, DB,
Landeshauptstadt Hannover und Peter Ruthenberg (verantwortlich für die BusStops) kam das
Projekt aus finanziellen Gründen nicht zustande. Die Station
Hannover-Nordstadt" wurde schliesslich doch in besonderer Form realisiert.
Im Technischen Arbeitsgespräch der an der Planung der
S-Bahn-Stationen beteiligten Körperschaften Anfang 1995 warben der Fachbereich Verkehr
und die Gleichstellungsbeauftragte des KGH (anhand einer Präsentation des Ist-Zustandes
der Stationen Bismarckstrasse und Ledeburg) dafür, die künftigen S - Bahnhöfe aus
dem Dornröschenschlaf zu wecken". Alle Beteiligten stimmten grundsätzlich zu, dass
an und um die Stationen herum unbedingt etwas geschehen müsse.
Durch Intervention der DB-Zentrale wurden die Ergebnisse des
Architektenwettbewerbs zur Ausstattung ad absurdum geführt: Die Zentrale entwickelte
selbst einen Baukasten", aus dem alle Stationen ausgestattet werden sollten.
Die Möblierung der Stationen wurde dadurch erheblich verzögert. Anfang 1995 stellte sich
heraus, dass die Baukosten der DB beim Streckenausbau verringert werden konnten. Dieses
Geld wird innerhalb des S-Bahn-Projektes verschoben und für die Planung und Gestaltung
der Stationen zur Verfügung gestellt.
Der KGH betraute im November 1995 eine Planerin damit, die Interessen
der Fahrgäste bei der S-Bahn-Planung zu vertreten. Diese bringt seitdem die
Fahrgastinteressen im AK Stationsausbau ein und verfolgt sie in der Abstimmung über die
einzelnen Stationen mit der DB-AG bzw. den planenden Büros. Dabei arbeitet sie sowohl bei
allgemeinen Fragen (Transparenz des Mobiliars, Ausstattung mit Telefonen etc.) als auch
bei der Prüfung der Detailplanungen eng mit der Gleichstellungsbeauftragten zusammen.
Anfang 1996 vereinbarten DB-AG und KGH ein Verfahren für die Beteiligung des KGH an den
Detailplanungen.
Als Reaktion auf das von der DB-AG im Dezember 1995 vorgelegte
3 - S - Konzept" (Sicherheit Sauberkeit Service) legte der KGH im
März 1996 ein umfassenderes Sicherheitskonzept vor erarbeitet von der
Gleichstellungsbeauftragten, abgestimmt mit dem Fachbereich Verkehr. Auf Grundlage dieses
Sicherheitskonzeptes kam der AK Stationsausbau Mitte 1996 überein, dass alle Stationen
mindestens mit Notrufeinrichtungen ausgestattet werden müssen.
3. Zum Beispiel: Tunnel an der Station Weetzen
In Weetzen war bereits ein Tunnel vorhanden; dieser musste aber ersetzt
werden, weil er nur über Treppen erreichbar war. Bei dieser Gelegenheit konnte er nach
Norden versetzt werden dadurch ergab sich eine bessere Einsehbarkeit. Weil der
Entwurf für den neuen Tunnel aus Sicht des KGH nicht in Ordnung war, erhob der KGH im
Planfeststellungsverfahren Bedenken (Auszüge):
Die Ecken im Tunnel sind nicht abgerundet, so dass
uneinsehbare Bereiche und damit Angsträume und Schmutzecken zu erwarten sind. Im Bereich
des Bahnsteigs ist kein Lichtschlitz für den Tunnel vorgesehen. Hier wird eine
Möglichkeit vertan, Tageslicht in den Tunnel zu führen. Der Tunnel wird unnötig dadurch
verlängert, dass das Gleis vier erhalten bleibt, obwohl dieses nicht mehr benötigt wird.
Die Führung der Rampen entspricht nicht den heutigen Erkenntnissen einer
fahrgastfreundlichen Planung. Es entstünden wiederum vermeidbare Angsträume und
Schmutzecken, was sich durch geschwungen angelegte Rampen vermeiden liesse."
Im Planfeststellungsverfahren wurde festgelegt, dass die
Ausführungsplanung mit dem KGH abzustimmen ist. Aufgrund der Kritik am Zugangsbereich
für den Tunnel wurde der Plan zunächst in Absprache mit dem KGH optimiert (Wege
begradigt und Treppeneingang trichterförmig erweitert), anschliessend von der DB-AG ein
anderer Architekt beauftragt, neue Pläne erarbeitet.
Ansprechpartnerin: Katja Striefler, c/o Referat für
Gleichstellungsfragen, Kommunalverband Großraum Hannover, Arnswaldtstr. 19, 30159
Hannover, Telefon 0511/ 3661-223