REGION HANNOVER

Entwicklung neuer Organisationsstrukturen

für die Wahrnehmung regionaler Verwaltungsaufgaben

in der Region Hannover

Vorwort

Die europäische Integration unterstreicht die Rolle der Region im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung als Zukunftsaufgabe von Ballungsräumen. Nicht nur der verschärfte internationale Standortwettbewerb sondern auch der Zwang zur Schaffung effizienterer und überschaubarer Verwaltungsstrukturen fordert dazu heraus, auch grundsätzlich bewährte regionale Institutionen auf den Prüfstand und Verbesserungen zur Diskussion zu stellen.

Die Region Hannover gehört anerkanntermaßen zu denjenigen Großstadtregionen, in denen regionale Kooperation und Abstimmung schon heute einen vorbildlichen Stand erreicht haben. Um jedoch den Vorsprung unserer Region zu sichern und auszubauen, müssen die vorhandenen Potentiale der Region nach unserer Überzeugung noch besser gebündelt werden. In diesem Sinne möchten wir mit unserem Reformvorschlag REGION HANNOVER einen Weg aufzeigen, Ressourcen und Kompetenzen der Landeshauptstadt Hannover, des Landkreises Hannover, des Kommunalverbandes Großraum Hannover und der Bezirksregierung Hannover in einer neuen kommunalen Gebietskörperschaft REGION HANNOVER zusammenzuführen. Gleichzeitig sollen die Landeshauptstadt Hannover sowie die anderen 20 Städte und Gemeinden der Region in ihrer Selbstverwaltungskraft und in ihren Kompetenzen gestärkt werden. Wir möchten dabei betonen, daß es sich hier um einen 'maßgeschneiderten' Vorschlag für die Region Hannover handelt, der nicht den Anspruch erhebt, auch auf andere Teilräume Niedersachsens übertragbar zu sein.

Wir hoffen, daß unser gemeinsames Papier zur REGION HANNOVER die unseres Erachtens notwendige öffentliche Diskussion über zukunftstaugliche regionale Verwaltungsstrukturen in der Region Hannover mit einem konkreten Reformvorschlag belebt. Wir legen den Vorschlag jetzt - zu Beginn der neuen Kommunalwahlperiode - vor, damit Zeit und Gelegenheit bleibt, Entscheidungen zu treffen, die bis zum Jahre 2001 greifen können. Wir würden uns über Ihre Einschätzung unserer Überlegungen sehr freuen. Wir wünschen uns eine sachkundige und ergebnisorientierte Diskussion und ermuntern zu weiterführenden Beratungen unseres Vorschlags.

Hannover, 07. Oktober 1996

Herbert Droste

Jobst Fiedler

Valentin Schmidt






Gliederung


1. Ausgangslage und Eckpunkte für eine Neuorganisation

2. Ausführungsvorschlag REGION HANNOVER

2.6. Eckpunkte einer gesetzlichen Neuregelung




1. Ausgangslage und Eckpunkte für eine Neuorganisation

1.1. Ausgangslage

Die Situation der Region Hannover, gekennzeichnet durch

fordert dazu heraus, die Leistungs- und Unternehmenskraft der Region ständig zu überprüfen und zu verbessern. Deshalb sind die Entscheidungsträger der Region verpflichtet effizientere Möglichkeiten der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben zu konzipieren und zu realisieren. In diesem Sinne sollen nachfolgend Reformvorschläge für die Region Hannover aufgezeigt werden. Es ist davon auszugehen, daß eine realistische Umsetzung eine abgestufte Vorgehensweise erfordert.

In der Region Hannover hat die Kooperation schon seit längerem einen Stand erreicht, der für andere Regionen Modellcharakter hatte oder noch hat. Auf der Grundlage der langjährigen Erfahrungen mit unterschiedlichen (Verbands-) Modellen wird immer deutlicher, daß Versuche, den Status quo durch einzelne Maßnahmen zu optimieren, nur in begrenztem Umfang Verbesserungen bringen können. Deshalb liegt den hier entwickelten Vorschlägen eine - im Denkansatz völlig neue, nicht durch Traditionen determinierte - integrierte Sicht von Aufgabenstellungen und Aufgabenerfüllung einerseits und Finanzverteilung andererseits für die Region zugrunde. Dabei gehen die Vorschläge von der spezifischen Situation in der Region Hannover aus; die Übertragung auf andere Regionen ist vielleicht denkbar, jedoch nicht Ziel der Überlegungen.

Grundlegende Veränderungen der Verwaltungsstruktur bedürfen stets der intensiven Diskussion, Abwägung und Prüfung. Mit dem Beginn der Wahlperiode der Räte, des Kreistages und der Verbandsversammlung in der Region Hannover ist jetzt ein frühzeitiger Zeitpunkt für Denkanstöße gegeben, damit während der nächsten fünf Jahre bis zum Beginn der folgenden Wahlperiode im Jahre 2001 hinreichend Zeit für die Diskussion, Prüfung und Entscheidung über ein Reformmodell besteht, das über eine schlichte Optimierung des Status quo hinausgeht.

1.2. Anlaß und Ziele

Die Anlässe für die aktuelle Überprüfung der Leistungsfähigkeit der bestehenden regionalen Verwaltungsstrukturen sind vielfältig. Zunächst ist festzustellen, daß die Region bundesweit als Verwaltungs-, Planungs- und Handlungsebene zunehmend an Bedeutung gewinnt. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der fortschreitenden Integration in Europa zu sehen, die stärker die Regionen und weniger einzelne Kommunen als Akteure fordert (so z.B. im Wettbewerb um hochrangige Dienstleistungen). Auch auf die zunehmenden Herausforderungen durch die Globalisierung der Märkte können Regionen flexibler reagieren als einzelne Kommunen.

Die regionalen Standorte befinden sich europaweit in einem gestiegenen Konkurrenzverhältnis, das die Verdichtungsräume dazu zwingt, ihre vorhanden Kräfte zu bündeln, um nach außen die Handlungsmöglichkeiten erhöhen und flexibler gestalten zu können. Hinzu kommt, daß die Dynamik der Wanderungen vor allem nach der Öffnung Osteuropas zu erhöhter Nachfrage nach Arbeitsplätzen und Wohnungen in den größeren Stadtregionen mit entsprechenden regional zu bewältigenden Arbeitsmarkt- und Wohnungsmarktproblemen geführt hat.

Dagegen birgt Konkurrenzdenken der Kommunen innerhalb eines Verdichtungsraumes die Gefahr der inneren Auszehrung und Schwächung einer gesamten Region; dies gilt im besonderen auch hinsichtlich der Finanzierbarkeit der Kernstädte. Eine schlechte Finanzlage der Kernstadt kann eine Region in ihrer Schlagkraft als Gesamtgefüge beeinträchtigen. Die gesamten Qualitätsstandards eines Verdichtungsraumes sind kollektive Werte, die im Mittelpunkt eines gesamtregionalen Interesses stehen sollten. Insofern gibt es für einen Ballungsraum eine gemeinsame Überlebens- und Entwicklungsstrategie von Umland und Kernbereich.

Vor diesem Hintergrund sind diejenigen Regionen, die bereits über einen Stadt-Umland-Verband verfügen, tendenziell im Vorteil gegenüber Regionen ohne institutionalisierte Kooperation. Allerdings zeigt sich - so auch beim Kommunalverband Großraum Hannover, daß ein Verband nur in begrenztem Umfang die regionalen Kräfte und Aktivitäten bündeln kann, da die Verbandsglieder (Landeshauptstadt Hannover und Landkreis Hannover) selbst regionale Kompetenzen besitzen und andere (staatliche) Institutionen weitere regionale Aufgaben wahrnehmen. So werden in der Region Hannover regionale Aufgaben wahrgenommen durch

Der Versuch einer Neustrukturierung der regionalen Verwaltung in der Region Hannover verfolgt als eine grundsätzliche Zielsetzung, zur 'Verschlankung' der Verwaltungsstrukturen in der Region beizutragen. Dies darf jedoch kein Selbstzweck sein; vielmehr ist auszuloten, wo es bei heutigen Verwaltungsverfahren, Entscheidungsprozessen und Instanzenwegen Möglichkeiten zur

gibt.

Schließlich besteht eine besondere Herausforderung in der Schaffung eines regionalen Vorteils- und Lastenausgleichs. Die unterschiedliche räumliche Konzentration von einzelnen Funktionen in der Region, zum Beispiel

lassen sich für die Region auf Dauer nur dann vorteilhaft nutzen, wenn auch die daraus resultierende unterschiedliche Verteilung von Vorteilen und Lasten ausgeglichen wird. So kann die Landeshauptstadt Hannover zum Beispiel auf Dauer die hohen Sozial- und Zentralitätskosten nicht mehr tragen. Der damit drohende Zentralitäts- und Attraktivitätsverlust der Kernstadt kann aber vom Umland nicht aufgefangen werden. Tatsächlich hätte eine Schwächung der Landeshauptstadt Hannover für die gesamte Region - und damit auch für den Landkreis Hannover mit seinen Städten und Gemeinden - weitreichende negative Folgen.

Unabhängig von einem möglichen Erfolg bei den aktuellen Bemühungen, durch Änderung der Bundes- und Landesgesetzgebung die kommunalen Finanzen insgesamt wieder auf eine gesichertere Basis zu stellen, muß eine regionale Aufgaben- und Finanzverantwortung institutionell verankert werden. Bei den in diesem Papier unterbreiteten Vorschlägen geht es darum, bei grundsätzlicher Beibehaltung der bundes- und landesrechtlich geregelten Verteilmechanismen für die Finanzausgleichsmasse zu einer angemessenen Berücksichtigung tatsächlicher Belastungen in der Region zu kommen. Zur Zeit findet ein regionsinterner Finanzausgleich zwischen Stadt und Landkreis nur begrenzt statt. Die Finanzierung der durch den Kommunalverband wahrgenommenen Aufgaben erfolgt nur indirekt über eine Verbandsumlage der beiden Verbandsglieder.

1.3. Bestand in der Region Hannover

1.3.1. Kritikpunkte aus der öffentlichen Diskussion

Die derzeitige regionale Verwaltungsstruktur in der Region Hannover mit dem institutionellen Nebeneinander von Landeshauptstadt Hannover, Landkreis Hannover, Kommunalverband Großraum Hannover sowie - für den staatlichen Bereich - Bezirksregierung Hannover, ist immer wieder Gegenstand öffentlicher Diskussion. Dabei wird u.a. kritisiert, daß

1.3.2. Aufgaben und Zuständigkeiten oberhalb der Gemeindeebene

1.3.2.1 Kommunale Körperschaften

- Landkreis Hannover

- Landeshauptstadt Hannover

- Kommunalverband Großraum Hannover

1.3.2.2 Bezirksregierung Hannover und staatliche Sonderbehörden

Die Bezirksregierungen sind die Mittelinstanz der allgemeinen Landesverwaltung und unterstehen der Dienstaufsicht des Innenministeriums und der Fachaufsicht der sachlich jeweils zuständigen Ministerien. Der Regierungspräsident als Leiter der Bezirksregierung ist der allgemeine Vertreter der Landesregierung im Regierungsbezirk. Zu den von den Bezirksregierungen zusammenfassend wahrgenommenen mittelinstanzlichen Aufgaben der allgemeinen Landesverwaltung gehören insbesondere als zweitinstanzliche Verwaltungsaufgaben die Dienst- und Fachaufsicht über die den Bezirksregierungen unterstellten Landesbehörden und Einrichtungen des Landes sowie nach Maßgabe der Gesetze die Aufsicht über die Landkreise, die kreisfreien Städte, die großen selbständigen Städte und im Regierungsbezirk Hannover die Aufsicht über den Kommunalverband Großraum Hannover.

Die Bezirksregierungen sorgen für einen einheitlichen Verwaltungsvollzug und wachen darüber, daß die Ziele der Landesregierung im Regierungsbezirk verwirklicht werden und sind ferner in ihrem Bezirk für die Aufgaben der Landesverwaltung zuständig, die nicht anderen Behörden und Stellen übertragen wurden.

Die Funktions- und Organisationsystematik der Bezirksregierungen zeigt, daß Bezirksregierungen als Bindeglieder zwischen der ministeriellen Ebene und der kommunalen Ebene konzipiert sind. Es ist nicht Aufgabe dieses Papiers, generelle Überlegungen zu organisatorischen Veränderungen in der Landesverwaltung anzustellen. Allerdings muß die Frage gestellt werden, wo sich auf der regionalen Verwaltungsebene bei der Aufgabenerledigung Überschneidungen ergeben und wie sich durch eine Neuorganisation der Verwaltungsstrukturen eine effizientere Aufgabenerledigung erzielen läßt, indem die Zuordnung regionaler Aufgaben zu staatlichen und komunalen Aufgabenträgern verbessert wird. Für die Region Hannover werden Vorschläge unterbreitet, wie sich in den gegebenen staatlichen Strukturen bestimmte Aufgaben der Bezirksregierungen nach 'unten' zur regionalen oder kommunalen Ebene verlagern lassen. Im übrigen ist es dem Landesgesetzgeber als Gestaltungsaufgabe vorbehalten, nach abschließenden Abwägungprozessen die Struktur der Landesbehörden grundsätzlich und landesweit zu verändern.

Ein Beispiel aus der Vergangenheit soll verdeutlichen, wie Zuständigkeitsänderungen in einem Teilbereich nachhaltige Veränderungen ausgelöst haben:

Landesplanung und Raumordnung waren zunächst ausschließlich Landesaufgaben. Die Aufstellung Regionaler Raumordnungsprogramme wurde von den damaligen Regierungspräsidenten bzw. Präsidenten der Nds. Verwaltungsbezirke wahrgenommen. Dieses System wurde durch Gründung des 'Verbandes Großraum Hannover' und Übertragung der Aufgabe, einen Verbandsplan (Verbandsplan 1967) aufzustellen, durchbrochen. Der Regierungspräsident Hannover erstellte daraufhin ein Regionales Raumordnungsprogramm ohne Darstellung der Region Hannover. Zum 1.1.1978 wurde dann außerhalb der Region Hannover den Landkreisen das Recht übertragen, Regionale Raumordnungsprogramme für das jeweilige Kreisgebiet aufzustellen. Betrachtet man den verbliebenen Aufgabenkreis des heutigen Dezernates 201 'Landesentwicklung und Raumordnung' der Bezirksregierung, so ist feststellen, daß eine Übertragung der verbliebenen Aufgaben auf die Region möglich und sinnvoll ist.

In diesem Sinne sollte auch die Übertragbarkeit weiterer Aufgabenbereiche der Bezirksregierungen auf die Region zur Diskussion gestellt werden; zu prüfen sind auch die Möglichkeiten zur Übertragung von Aufgaben staatlicher Sonderbehörden auf die Region.

1.3.3. Zwischenbilanz

Regionale Aufgaben werden bisher in begrenztem Umfang vom Kommunalverband Großraum Hannover als der einzigen für die gesamte Region zuständigen Institution wahrgenommen. Insbesondere in den Bereichen ÖPNV und Regionalplanung hat sich diese Aufgabenwahrnehmung bewährt, auch wenn zwischen dem Kommunalverband Großraum Hannover und seinen Verbandsgliedern immer wieder Fragen hinsichtlich der Zuständigkeit auftreten. Dabei hat gerade ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit gezeigt, wie positiv sich die Übernahme von regionalen Aufgaben auswirkt: Zoo der Landeshauptstadt Hannover.

Bereits das Beispiel Wirtschaftsförderung zeigt jedoch die Problematik einer Beschränkung der Regionalisierung auf Einzelaufgaben ohne eindeutige Aufgabendefinition. Bisher ist es nicht gelungen, das Nebeneinander und teilweise Gegeneinander in der Region zu beenden. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, daß es keine durchgängige gemeinsame Finanzverantwortung gibt. Wer individuell handelt, kann sich auch vordergründig individuelle Vorteile verschaffen, auch wenn das Ergebnis für die Region nicht optimal oder sogar kontraproduktiv ist. Zum Beispiel beinhaltet die Bereitstellung von Belegrechtswohnungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen das Risiko zukünftig steigender Sozialhilfeleistungen. So lange hier kein regionaler Lastenausgleich erfolgt (innerhalb des Landkreises geschieht dieses bereits), bringt Unterlassen dem Einzelnen Vorteile, auch wenn die daraus folgende Konsequenz einer Konzentration von Bevölkerungsgruppen in problematischen Lebenslagen an wenigen Standorten für die Region insgesamt negative Folgen hat und auch zusätzliche Folgekosten nach sich zieht.

Es zeigt sich ganz deutlich, daß der fehlende Vorteils- und Lastenausgleich in der Region regional verantwortliches Handeln behindert. Weder können die Chancen für eine funktional optimierte Arbeitsteilung innerhalb der Region voll genutzt noch Ansätze für kontraproduktives Handeln verhindert werden. Damit wird auch das Entstehen eines Bewußtseins für die Bedeutung gemeinsamen regionalen Handelns behindert. Dies erklärt unter anderem auch, daß trotz der langjährigen Existenz einer regionalen Instanz interne Verteilungskämpfe weiterhin große Bedeutung besitzen. Angesichts der zu erwartenden Entwicklung der öffentlichen Haushalte ist zu befürchten, daß sich solche Verteilungskämpfe in Zukunft noch verschärfen könnten.

1.4. Ausgewertete Lösungsansätze

1.4.1. Relevante bestehende Lösungsansätze

1.4.1.1. Stadtverband Saarbrücken

Der Stadtverband Saarbrücken wurde 1974 als Rechtsnachfolger des frühreren Landkreises Saarbrücken und in Teilen der Landeshauptstadt Saarbrücken in ihrem vorherigen Rechtsstatus als kreisfreie Stadt gebildet. Zum Stadtverband gehören die Landeshauptstadt Saarbrücken sowie 9 weitere Städte und Gemeinden (410,61 km², ca. 360.000 Einwohner). Rechtsgrundlagen und Aufgabenbestand wurden 1978 im Rahmen einer Funktionalreform und 1988 durch Reform der Stadtverbandsordnung wesentlich verändert. Insbesondere wurde die ursprüngliche Zielvorstellung, den Stadtverband zu einer Regionalstadt weiterzuentwickeln, aufgegeben.

Dem Stadtverband Saarbrücken wurden die Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörden (übertragener Wirkungskreis/Auftragsangelegenheiten) übertragen. Die Landeshauptstadt Saarbrücken ist zwar nicht mehr kreisfrei, behielt aber im wesentlichen ihre Zuständigkeit für das gesamte Stadtgebiet und übernahm zusätzliche Aufgaben für das Stadtverbandsgebiet (Beispiel: Kraftfahrzeugzulassungsstelle). Der Stadtverband Saarbrücken soll die geordnete Entwicklung des Verbandsgebietes fördern und koordinieren und nimmt zusätzlich die Befugnisse eines Planungsverbandes (§ 205 Abs. 6 BauGB) sowie die überörtlichen Interessen seines Gebietes gegenüber anderen Planungsträgern wahr. Ein zusätzliches Organ des Stadtverbandes, der Planungsrat, ist für die Aufstellung, Änderung und Aufhebung des Flächennutzungsplanes zuständig und hat die Kompetenz für die Landschaftsplanung.

Die folgenden Aufgaben werden vom Stadtverband für das gesamte Verbandsgebiet einschließlich der Landeshauptstadt Saarbrücken wahrgenommen:

Im übrigen ist der Stadtverband Saarbrücken u.a. an folgenden Zweckverbänden und Gesellschaften beteiligt: Sparkasse, Heilstätten, Krankenhäuser, Historisches Museum, Rettungszweckverband, Tierkörperbeseitigung, Wasserwerk.

Die folgenden Aufgaben werden vom Stadtverband, jedoch nicht für das Gebiet der Landeshauptstadt Saarbrücken wahrgenommen:

Bei den Einnahmen des Stadtverbandes hat die Stadtverbandsumlage mit einem Anteil von 63 % die größte Bedeutung. Die Schlüsselzuweisungen des Landes im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs tragen mit 15 % zum Haushalt bei; hinzu kommen Zuschüsse und Kostenerstattungen im sozialen Bereich sowie im geringeren Umfange auch eigene Steuereinnahmen.

Nachdem der Stadtverband anfänglich als Wegbereiter für großzügige Eingemeindungen und die Bildung einer Regionalstadt Saarbrücken vorgesehen war, blieb für die Landeshauptstadt Saarbrücken nach Rücknahme dieses Ziels durch den Landesgesetzgeber ihr Status als verbandsangehörige Stadt bestehen. Allerdings bringt dieser Status der Stadt auch deutliche Vorteile, vor allem die Trägerschaft des Sozial- und Jugendamtes durch den Stadtverband und entsprechend die Finanzierung über die Verbandsumlage durch alle verbandsangehörigen Städte und Gemeinden.

Im Vergleich mit der Region Hannover bestehen einige Unterschiede in den jeweiligen landesrechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen bzw. Lösungsansätzen; hier sind insbesondere zu nennen:

Trotz dieser Unterschiede ist die im Raum Saarbrücken gefundene Lösung einer regionalen Gebietskörperschaft unter Einbeziehung der früher kreisfreien Landeshauptstadt Saarbrücken mit dem dadurch möglich gewordenen regionalen Lastenausgleich im Sozial- und Jugendhilfebereich für eine regionale Neuordnung in der Region Hannover außerordentlich interessant.

1.4.1.2. Göttingen-Gesetz

Auf Grund des Gesetzes vom 1. Juli 1964 wurde die Stadt Göttingen in den Landkreis Göttingen eingegliedert. Die Vorschriften über die kreisfreien Städte sind auf die Stadt Göttingen anzuwenden soweit durch Gesetz oder auf Grund des Göttingen-Gesetzes nichts anderes bestimmt wird.

Die Stadt Göttingen wird bei Anwendung der Vorschriften des Nds. Gesetzes über den Finanzausgleich (FAG) über die Schlüsselzuweisungen für Landkreise, die Zuweisungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises und die Kreisumlage als kreisangehörige Gemeinde behandelt. Ihre Steuerkraft ist nach den Vorschriften für kreisfreie Städte zu ermitteln. Der Landkreis Göttingen hat an die Stadt Göttingen den vollen Betrag der auf ihre Einwohner entfallenden Zuschüsse für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreise weiterzugeben. Die Stadt Göttingen wird bei der Anwendung der Vorschriften des niedersächsischen Schulgesetzes als kreisangehörige Gemeinde behandelt.

Dieser Teil Niedersachsens wurde gebildet durch die kreisfreie Stadt Göttingen und den Landkreis Göttingen. Diskutiert wurde vor Verabschiedung des Göttingen-Gesetzes die Eingemeindung einwohner- und finanzstarker Stadtrandgemeinden. Diese Eingemeindungen hätten den Bestand des strukturschwachen Landkreises Göttingen extrem gefährdet. Der Landesgesetzgeber entschloß sich deshalb zu dieser sondergesetzlichen Regelung. Das Göttingen-Gesetz hat die Gebietsreform in den siebziger Jahren überdauert. Die Regelungen des Göttingen-Gesetzes sind allerdings im Hinblick auf den Finanzausgleich bereits seit Jahren Gegenstand kritischer Anmerkungen. Kritisiert wird hier die Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgebotes und daß die Systemgerechtigkeit des Finanzausgleichs nicht gewahrt ist.

1.4.1.3. Verband Region Stuttgart

Der Verband Region Stuttgart löste am 01. Oktober 1994 den Regionalverband Stuttgart ab. Dieser war 1973 als Regionalverband Mittlerer Neckar gegründet worden, um die freiwilligen Regionalen Planungsgemeinschaften der Kommunen abzulösen. Der Verband Region Stuttgart ist für das Gebiet des Stadtkreises Stuttgart und die Landkreise Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und Rems-Murr-Kreis zuständig. Das 'Gesetz über die Stärkung der Zusammenarbeit in der Region Stuttgart' vom 07. Februar 1994 legt folgende Pflichtaufgaben fest:

Für die Übernahme freiwilliger Aufgaben ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder der Regionalversammlung erforderlich:

Organe des Verbandes sind die Regionalversammlung (Mitglieder werden in Wahlkreisen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl mit Listenwahlvorschlägen direkt gewählt), der Verbandsvorsitzende und der Regionaldirektor.

Zur Finanzierung der Aufgaben des Verbandes können Gebühren in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes erhoben werden. Für die Erfüllung seiner Aufgaben als Träger der Regionalplanung erhält der Verband jährlich einen Zuschuß vom Land. Soweit der Finanzbedarf nicht über Gebühren und Zweckzuweisungen gedeckt wird, kann der Verband von den Gemeinden des Verbandsgebietes eine Verbandsumlage erheben. Abweichend hiervon werden zur Deckung des Finanzbedarfs für den regional bedeutsamen ÖPNV Umlagen von der Stadt Stuttgart und den Landkreisen erhoben. Eine ähnliche Regelung gilt für nicht durch Benutzungsgebühren gedeckte Kosten für die Abfallentsorgung.

Das 'Gesetz über die Stärkung der Zusammenarbeit in der Region Stuttgart' hat für den Verband Region Stuttgart eine mit dem Kommunalverband Großraum Hannover vergleichbare Struktur geschaffen. Die Verbände unterscheiden sich aber hinsichtlich des Aufgabenbestandes (Abfall, Regionalverkehrsplanung, Messen, Kultur, Sport) und der Direktwahl der Mitglieder der Regionalversammlung des Verbandes Region Suttgart.

Als Reformmodell für die Region Hannover kommt der Verband Region Stuttgart jedoch nicht in Betracht, da der Schritt zur regionalen Gebietskörperschaft für die Region Stuttgart vom Gesetzgeber nicht gewagt wurde. Ohne diesen Sprung kann jedoch das institutionelle Nebeneinander von Landeshauptstadt Hannover, Landkreis Hannover und Kommunalverband Großraum Hannover nicht beseitigt werden.

1.4.2. Reformmodelle

1.4.2.1. Reformüberlegungen für die Bezirksregierungen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz

Die Bezirksregierungen als staatliche Mittelinstanz sind seit Jahrzehnten immer wieder kritischen Reformüberlegungen ausgesetzt gewesen. Während drei der fünf neuen Bundesländer auf die Einrichtungen dieser Mittelinstanz verzichtet haben, haben die alten Länder (mit Ausnahme Schleswig-Holsteins, des Saarlandes und der Stadtstaaten) diese Mittelinstanz bislang weiterhin für erforderlich gehalten. In jüngerer Zeit sind wiederum in mehreren Bundesländern Bestrebungen zur Reform der Mittelinstanz erkennbar.

In Nordrhein-Westfalen hat sich im Jahre 1993 der Politik- und Verwaltungswissenschaftler Thomas Ellwein im Auftrag der Landschaftsverbände gutachterlich mit der Neuordnung der staatlichen und kommunalen Arbeitsebene zwischen der Landesregierung und den Städten und Kreisen des Landes Nordrhein-Westfalen befaßt. Ellwein schlägt im Ergebnis eine Neuordnung dieser Zwischenebene in zwei Phasen vor, wobei die Zuständigkeiten der Bezirksregierungen drastisch reduziert werden sollen. Verbleiben sollen folgende Aufgabenschwerpunkte:

Ein Teil der bisherigen Zuständigkeiten der Bezirksregierungen soll an die Kommunal- bzw. Landschaftsverbände übertragen werden.

In Rheinland-Pfalz sind die Bezirksregierungen erst jüngst durch landespolitische Diskussionen zur Disposition gestellt worden. So haben die Regierungsfraktionen in ihrer Koalitionsvereinbarung einen stufenweisen Abbau der Bezirksregierungen mit dem Ziel der Auflösung vereinbart.

1.4.2.2. Regionalkreis-Modell Rhein-Main

Der ehemalige hessische Landesentwicklungsminister und Leiter einer Arbeitsgruppe der SPD Hessen-Süd zur Entwicklung einer neuen Struktur, Jörg Jordan, geht bei seinen Reformüberlegungen von folgenden Rahmenbedingungen und Perspektiven für den Raum Frankfurt aus:

Jordan regt an, die bestehenden drei Verwaltungsebenen Bezirksregierung, Landkreise und Umlandverband zugunsten einer neuen kommunalen Körperschaft für das gesamte Rhein-Main-Gebiet aufzulösen. Die Bündelungsfunktionen der bisherigen Ebenen wären dennoch nicht überflüssig. Diese Funktionen müßten erhalten werden und der neuen kommunalen Körperschaft übertragen werden. Den Kommunen sollten grundsätzlich die Einzelentscheidungen übertragen werden, die bisher auf höherer Ebene getroffen wurden (z.B. Bauaufsicht, Kompetenzen im Bereich der Sozialverwaltung). Mit dieser Neuregelung wäre eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung der Städte und Gemeinden verbunden.

Ungeklärt ist gegenwärtig, wie eine verfassungskonforme angemessene finanzielle Ausstattung einer neuen Gebietskörperschaft mit Verteilungsfunktion sichergestellt werden könnte. Gefordert wird eine direkte Beteiligung an den Kommunalsteuern. Die Spitzenfinanzierung soll über eine Umlage realisiert werden.

Als besondere Vorteile des Modells sind festzuhalten:

Problematisch an diesem Regionalkreismodell mag dessen Flächenausdehnung sowie die Heterogenität seiner Teilräume sein; diese Nachteile wären jedoch bei einer direkten Übertragung auf die Region Hannover wegen ihrer vergleichsweise geringen Größe sowie ihrer monozentralen Struktur nicht zu befürchten. Das Modell kann somit für die Reform der Region Hannover wichtige Impulse geben.

1.4.2.3. Stadtregion Rotterdam

Es bestehen Überlegungen eine Stadtregion Rotterdam als Zusammenschluß der Gemeinden, darunter Rotterdam, zu errichten. Hierzu werden die Stadtbezirke von Rotterdam in selbständige Gemeinden überführt. Statt der 4 Verwaltungsebenen Reich, Provinz Südholland, Stadt Rotterdam und Teilgemeinde bleiben künftig die Ebenen Reich, Stadtregion und Gemeinde.

Erklärte Ziele dieser Reformüberlegungen sind:

Folgende Aufgaben soll die Stadtregion übernehmen:

Bei den Gemeinden verbleiben die Aufgaben, die für die Bürger von unmittelbarem Interesse sind (Schulen, Kultur, Sport, Soziales, Pflege von Grünflächen, Straßen, Bürgerservice).

Nach den Voraussetzungen des Modells werden die Verwaltungskosten nicht steigen, zumal eine Verwaltungsebene aufgelöst wird. Im einzelnen gelten für die Finanzierung folgende Eckpunkte:

Wegen umfangreicher Kritik in der Öffentlichkeit und im politischen Raum - insbesondere hinsichtlich der Zersplitterung des Stadtgebietes Rotterdam in Teilgemeinden (Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt) - ist der Reformentwurf vor kurzem vom Parlament zurückgestellt worden. Eine neue Entscheidung wird frühestens 1998 erwartet. Da eine Zerschlagung der Kernstadt Hannover nicht für sinnvoll gehalten wird, ist dieses Modell für die Region Hannover nicht anzustreben. Von dieser Frage ist die Kompetenzverteilung zwischen Rat und Bezirksrat in der Landeshauptstadt Hannover strikt zu unterscheiden.

1.4.3. Zwischenbilanz und Bewertung der Lösungsansätze

Die Lösungsansätze für Göttingen und Stuttgart scheiden als Vorbild für eine Reform in der Region Hannover aus, weil diese Ansätze die Forderung nach einer verstärkten Integration der regionalen Aufgaben und Finanzverteilung nicht erfüllen können. Die Lösungsansätze in Saarbrücken, Rhein-Main und - eingeschränkt Rotterdam - bieten allerdings eine Fülle von Anregungen zur Aufgaben- und Finanzverteilung zwischen staatlicher, regionaler und kommunaler Ebene, die auf ihre Übertragbarkeit auf die Region Hannover geprüft wurden. Dabei war aber stets zu berücksichtigen, daß die Lösungen in den einzelnen Regionen jeweils nur in ihrem spezifischen regionalen Entstehungskontext nachzuvollziehen sind.

Diese Lösungsansätze haben im Ergebnis gezeigt, daß die Erarbeitung der erforderlichen rechtlichen Regelungen für die Organisation einer neuen Region eine zentrale Aufgabe sein wird; die andere zentrale Aufgabe wird die Schaffung von Akzeptanz für eine Neuorganisation sein. Die praktischen Erfahrungen aus anderen Regionen zeigen deutlich, daß mit massiven Widerständen gerechnet werden muß. Diese basieren im wesentlichen auf

Werden diese Akzeptanzprobleme nicht überwunden, muß mit erheblichen Problemen schon für die Umsetzung der Neuorganisation gerechnet werden.

Die Erfahrungen mit Verbandslösungen in anderen Regionen bestätigen die Erfahrungen aus der Region Hannover, daß die Schaffung einer regionalen Instanz allein noch nicht zum Abbau innerregionaler Konkurrenzen und zur Entstehung eines Regionalbewußtseins führt. Es ist deshalb eine regionale Gebietskörperschaft mit klaren Regelungen zur Aufgaben- und Finanzverantwortung zu realisieren, um bestehende Konkurrenzen abzubauen.

1.5. Die REGION HANNOVER - Eckpunkte für eine Neuorganisation

Angesichts der Herausforderungen der internationalen Entwicklungen zum Beispiel bei der Konkurrenz der Standorte und der internen Herausforderung an die Effizienzsteigerung der öffentlichen Verwaltung sind die Spielräume, die in einer Optimierung innerhalb der vorhandenen Verwaltungsstrukturen in der Region liegen, nicht ausreichend. Es wird deshalb eine stärkere Integration der Verwaltungsstrukturen in der Region vorgeschlagen, so daß nur noch zwei Ebenen bestehen bleiben. Gerade für eine monozentrische Region wie den Raum Hannover bietet eine solche neue Verwaltungsstruktur viele Vorteile. Die Überlegungen zur Neuorganisation beziehen sich ausschließlich auf das Gebiet von Landeshauptstadt Hannover und Landkreis Hannover. Die Kooperation mit den benachbarten Landkreisen wird dadurch jedoch nicht ausgeschlossen.

Neben den Städten und Gemeinden soll es im Ballungsraum Hannover nur noch eine Selbstverwaltungskörperschaft mit direkt gewählter Vertretungskörperschaft geben: die REGION HANNOVER. Sie übernimmt im übertragenen Wirkungskreis die Aufgaben der unteren und teilweise auch der oberen staatlichen Verwaltungsbehörde. Im eigenen Wirkungskreis übernimmt die REGION HANNOVER Aufgaben, die derzeit vom Landkreis Hannover und der Landeshauptstadt wahrgenommen werden. Dadurch entsteht auch innerhalb der Region ein finanzieller Ausgleich für spezifische Belastungen. Soweit wie möglich werden dabei die Aufgaben von den Städten und Gemeinden wahrgenommen. Durch diese Art der Funktionalreform wird das Entstehen einer neuen zentralen bürgerfernen Bürokratie verhindert. Bei der REGION HANNOVER verbleiben die Aufgaben, die zur Erhaltung und Stärkung der Konkurrenzfähigkeit im nationalen und internationalen Wettbewerb einer regionalen Steuerung bedürfen (z.B. Wirtschaftsförderung) sowie die Aufgaben, die regional effektiver organisiert werden können, ohne daß Bürgernähe verloren geht. Durch die Einbeziehung der Landeshauptstadt Hannover in die REGION HANNOVER können insbesondere grenzüberschreitende Aufgabenstellungen besser bewältigt werden; für den regionalen Aufgabenbestand können einheitliche Standards der Aufgabenwahrnehmung festgelegt werden.

Damit bleibt der Aufgabenbestand bei den Städten und Gemeinden in der REGION HANNOVER weitgehend unverändert. Die Dezentralisierung weiterer Aufgaben wird angestrebt; eine ausreichende finanzielle Ausstattung ist hierbei sicherzustellen.

Mit dieser Neuorganisation der Verwaltung werden Verwaltungsabläufe vereinfacht und Synergieeffekte erzielt. Die sich daraus ergebenden Einsparungen werden allerdings nicht sofort, sondern erst im Laufe der Zeit eintreten, da zum Beispiel eine entsprechende Personal- und Sachkostenreduzierung Zeit erfordert.

Es muß aber an dieser Stelle deutlich hervorgehoben werden, daß die Schaffung neuer Verwaltungsstrukturen in der Region in keiner Weise die Probleme lösen kann, die sich aus der Verlagerung von Ausgaben und Aufgaben auf die Kommunen ohne entsprechende Finanzausstattung und den explodierenden Sozialhilfekosten ergeben. Hier bleiben Bund und Land weiterhin gefordert, für eine ausreichende Finanzausstattung der Kommunen zu sorgen, zum Beispiel im Rahmen der Gemeindefinanzreform. Diese Forderung kann eine für den gesamten Raum sprechende REGION HANNOVER nachdrücklicher zur Geltung bringen.

Abschließende Aussagen zur zukünftigen Finanzausstattung und -verteilung in der Region können erst getroffen werden, wenn die endgültige Aufgabenverteilung zwischen Bezirksregierung, REGION HANNOVER, Landeshauptstadt Hannover und den Städten und Gemeinden der REGION HANNOVER erfolgt ist. Dabei sollte von folgenden Grundsätzen ausgegangen werden:

2. Ausführungsvorschlag REGION HANNOVER

2.1. Grundgedanken des Ausführungsvorschlages

Mit der REGION HANNOVER wird für einen der bedeutendsten Wirtschaftsräume Deutschlands eine neuartige, Kernstadt und Nachbarkommunen integrierende, auf regionaler Ebene ausschließlich zuständige Verwaltungs- und Planungseinheit gebildet. Damit wird

Die REGION HANNOVER ist als ausschließlich kommunal verfaßte Gebietskörperschaft konzipiert, die sich gegenüber der bisherigen Verwaltungsstruktur auf regionaler Ebene durch übersichtlichere Zuständigkeiten, verkürzte Instanzenwege und angemessenere Lastenverteilung auszeichnet. Mit der Bildung der REGION HANNOVER werden der Landkreis Hannover und der Kommunalverband Großraum Hannover aufgelöst.

2.2. Institutionelle Ausgestaltung der REGION HANNOVER

Die REGION HANNOVER ist eine öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft, die ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze durch ihre Organe in eigener Verantwortung verwaltet. Sie ist als Gemeindeverband konzipiert und unterscheidet sich damit erheblich von der in der öffentlichen Diskussion immer wieder genannten 'Regionalstadt', die - nach dem Vorbild Berlins - eine Einheitsgemeinde mit rechtlich unselbständigen Bezirken darstellen würde.

Der räumliche Zuschnitt der Gebietskörperschaft REGION HANNOVER entspricht dem Verbandsbereich des heutigen Kommunalverbandes Großraum Hannover. Als Gemeindeverband umfaßt sie die Landeshauptstadt Hannover sowie die 20 Städte und Gemeinden des heutigen Landkreises Hannover, deren Gebietszuschnitt nicht verändert wird.


Die Bildung der REGION HANNOVER ist nur durch Landesgesetz möglich. Dies wird als Artikelgesetz ausgestaltet; die wesentlichen Eckpunkte für die in diesem Gesetz vorzunehmenden Regelungen werden unter 2.6 aufgelistet. Das Artikelgesetz enthält auch - entsprechend der Stadtverbandsordnung für den Stadtverband Saarbrücken im saarländischen Kommunalrecht - eine 'Ordnung für die Region Hannover', die - in weitgehender Analogie zur Niedersächsischen Gemeindeordnung und zur Niedersächsischen Landkreisordnung - Regelungen insbesondere zur inneren Regionalverfassung beinhaltet. Als Organe der REGION HANNOVER werden genannt:

Das Gebiet der REGION HANNOVER bildet den Bezirk der unteren Verwaltungsbehörde. Darüber hinaus nimmt die REGION HANNOVER in ihrem Gebiet für eine Reihe unten näher aufgeführter Angelegenheiten auch die Aufgaben der oberen Verwaltungsbehörde wahr; sie bleibt jedoch Teil des Regierungsbezirks Hannover und untersteht grundsätzlich der Rechtsaufsicht der Bezirksregierung Hannover. Bei der Wahrnehmung von Aufgaben der oberen Verwaltungsbehörde werden Aufsichtsfunktionen auch durch das zuständige Ministerium ausgeübt (z.B. die Genehmigung des Regionalen Raumordnungsprogrammes durch das Innenministerium).

Von den niedersächsischen Landkreisen unterscheidet sich die REGION HANNOVER vor allem dadurch, daß

2.3. Aufgaben in der Region Hannover

2.3.1. Aufgaben der REGION HANNOVER im übertragenen Wirkungskreis

Die REGION HANNOVER übernimmt folgende Aufgaben der unteren und oberen Verwaltungsbehörde, soweit sie nicht von den Städten und Gemeinden wahrgenommen werden:

Ferner ist zu untersuchen, ob bestimmte Aufgaben der staatlichen Sonderbehörden auf die REGION HANNOVER übergehen können.

2.3.2. Aufgaben der REGION HANNOVER im eigenen Wirkungskreis

Bezüglich der Beteiligung der REGION HANNOVER an kommunalen Unternehmen sind unterschiedliche Modelle denkbar, wie bestehende Eigentumsanteile der Landeshauptstadt Hannover an diesen Unternehmen bei ihr verbleiben (soweit nicht ohnehin weitere Teilprivatisierungen in Zukunft stattfinden), die Verantwortung für die Unternehmenssteuerung dagegen teilweise oder auch voll auf die REGION HANNOVER übergeht.

Für die Wirtschaftsförderung bietet sich eine schlagkräftige GmbH-Lösung mit Beteiligung von Kreditinstituten an. An ihr sollte allerdings die Stadt Hannover, in deren Gebiet derzeit fast 2/3 der Arbeitsplätze der Region liegen, direkt beteiligt werden.

Bei den Sparkassen liegt es nahe, im Zuge der Bildung der REGION HANNNOVER eine Fusion beider zu überlegen.

2.3.3. Aufgaben der regionsangehörigen Städte und Gemeinden im übertragenen Wirkungskreis

Hinsichtlich der Aufgabenwahrnehmung der Landeshauptstadt Hannover auf dem Gebiet des übertragenen Wirkungskreises ergeben sich aufgrund der Reformüberlegungen keine Veränderungen, weil die Stadt insoweit wie eine kreisfreie Stadt behandelt wird. Die übrigen Städte und Gemeinden werden abhängig von ihrer Einwohnerzahl und Bedeutung wie große selbständige Städte, selbständige Gemeinden bzw. kreisangehörige Gemeinden behandelt.

2.3.4. Auf die Städte und Gemeinden zu verlagernde Aufgaben aus dem eigenen Wirkungskreis der REGION HANNOVER

Aus dem eigenen Wirkungskreis der REGION HANNOVER werden die folgenden Aufgaben auf die regionsangehörigen Städte und Gemeinden verlagert:

Zur Aufgabenerledigung des örtlichen Trägers der Sozialhilfe werden die Städte und Gemeinden durch Satzung herangezogen.

2.4. Finanzierung der REGION HANNOVER durch allgemeine Einnahmen

2.4.1. Eigene Einnahmen

Als Einnahmen stünden nach derzeitigem Recht der REGION HANNOVER mit Ausnahme einiger wenig ergiebiger Verbrauchs- und Aufwandssteuern keine eigenen originären Einnahmequellen zur Verfügung. Eine eigene Steuer sollte jedoch Haupteinnahmequelle der REGION HANNOVER sein. Zur Zeit räumt das Grundgesetz allerdings nur den Gemeinden eine eigene Steuerhoheit ein. Im Rahmen der ohnehin geplanten und notwendigen Gemeindesteuerreform sollte auch anderen kommunalen Gebietskörperschaften das Recht auf eine eigene Steuerquelle zugestanden werden. Dadurch könnte die Region einen eigenen Anteil an der Einkommen- und/oder Umsatzsteuer erhalten. Die Finanzierung der REGION HANNNOVER wäre damit der Finanzierung der Städte und Gemeinden gleichgestellt.

Die Einnahmen aus speziellen Entgelten dienen primär der Finanzierung von Ausgaben in kostenrechnenden Einrichtungen und stehen damit für die Abdeckung des übrigen Finanzierungsbedarfs des Verwaltungshaushaltes nicht zur Verfügung.

2.4.2. Einnahmen aus dem kommunalen Finanzausgleich (FAG)

2.4.2.1. Prämissen

Hier kann es nur um die Auswirkungen gehen, die sich aus einer Veränderung der Verwaltungsstrukturen in der Region Hannover für das niedersächsische FAG ergeben (andere Ansätze zu möglichen Veränderungen des FAG bleiben deshalb außer Betracht). Das bedeutet aber auch, daß durch die Veränderungen in der Region Hannover weder das Volumen der Zuweisungen für die kommunalen Gebietskörperschaften in der Region Hannover noch für andere Regionen verändert werden darf. Auswirkungen auf das FAG wird insbesondere die Aufgabe der Kreisfreiheit der Landeshauptstadt Hannover haben.

2.4.2.2. Schlüsselzuweisungen

Die Schlüsselmasse für die Zuweisungen nach Steuerkraft und Einwohnerzahl ist nach gesetzlich festgelegten Quoten auf den kreisfreien und den kreisangehörigen Raum verteilt. Mit dem Verlust der Kreisfreiheit der Landeshauptstadt Hannover ist eine Veränderung dieser Quoten erforderlich. Mit dem Herauslösen der Landeshauptstadt aus der Schlüsselmasse für kreisfreie Städte erreicht diese Schlüsselmasse allerdings eine Größenordnung, bei der es äußerst fraglich ist, ob damit noch eine ausreichende Ausgleichswirkung für die verbleibenden Städte erreicht werden kann.

Es ist deshalb sinnvoller, die Trennung der Schlüsselmassen aufzuheben (wie es auch in den meisten anderen Bundesländern praktiziert wird). Das hat zur Folge, daß

Entsprechende Modellrechnungen, wie dann das Ziel der Erhaltung des derzeitigen Volumens der Zuweisungen in der Region Hannover erreicht werden kann, sind nur im Statistischen Landesamt möglich.

2.4.2.3. Ansatz für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises

Mit Bildung der REGION HANNOVER soll eine Verlagerung von Aufgaben im eigenen Wirkungskreis auf die kommunale Ebene stattfinden, soweit das rechtlich möglich und wirtschaftlich geboten ist. Im Bereich des übertragenen Wirkungskreises gilt dies in gleicher Weise, weil auf der Regionsebene grundsätzlich neben den Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde künftig auch Aufgaben der oberen Verwaltungsbehörde wahrgenommen werden. Die Berechnung der Zuweisungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises nach dem zur Zeit geltenden Nds. Gesetz über den Finanzausgleich berücksichtigt dies natürlich nicht. Die REGION HANNOVER muß bei der Ermittlung des Pro-Kopf-Betrages für die Aufgabenerledigung im übertragenen Wirkungskreis besser dotiert werden als die übrigen Landkreise und kreisfreien Städte, weil hier Aufgaben der oberen Verwaltungsbehörde wahrgenommen werden.

Nicht gelöst ist jedoch die Stellung der Landeshauptstadt Hannover, weil diese die Kreisfreiheit verloren hat. Es bietet sich deshalb an, das Problem der Festlegung von Gemeindearten über eine Fiktion zu regeln. Die Landeshauptstadt Hannover würde dann 'wie eine kreisfreie Stadt', die übrigen Städte und Gemeinden entsprechend ihrer Einwohnerzahl und Bedeutung wie große selbständige Städte, selbständige Gemeinden oder kreisangehörige Gemeinden behandelt. Damit die Landeshauptstadt Hannover für ihre Aufgabenerfüllung entsprechend dotiert wird, sollte an sie der Pro-Kopf-Betrag für die Aufgabenerfüllung im übertragenen Wirkungskreis weitergegeben werden, der den übrigen kreisfreien Städten in Niedersachsen zusteht.

2.4.3. Regions-Umlage

Als 'Spitzenfinanzierung' erhebt die Region eine Umlage von den Städten und Gemeinden. Die Höhe der Umlage wird so berechnet, daß sie zum Abbau von unangemessenen Disparitäten in der Region beiträgt. Dafür ist es erforderlich für die REGION HANNOVER die Ermittlung der Umlagegrundlagen abweichend vom Finanzausgleichsgesetz festzulegen.

2.4.4. Ausgleichszahlung für Wahrnehmung von Aufgaben der oberen Landesbehörde

Die Wahrnehmung von Aufgaben der oberen Verwaltungsbehörde durch die REGION HANNOVER wird zu Einsparungen beim Land führen, weil das entsprechende Personal der Bezirksregierung von der REGION HANNOVER übernommen wird. Da die Rationalisierungseffekte in der Regionsverwaltung erst mittel- bis langfristig zu erwarten sind, leistet deshalb das Land für eine Übergangszeit einen Zuweisungsbetrag zum Ausgleich der höheren Aufwendungen für diese Aufgaben bei der REGION HANNOVER.

2.4.5. Anschubfinanzierung

Im Rahmen der Verwaltungs- und Gebietsreform hat das Land Anschubfinanzierungen für die Städte und Gemeinden geleistet. Die Bildung der REGION HANNOVER wird einmalig Kosten verursachen, die mit den Aufwendungen im Rahmen der Verwaltungs- und Gebietsreform gleichzusetzen sind. Es ist deshalb gerechtfertigt, daß das Land der Region die Umstellung und Ausstattung finanziell erleichtert.

2.5. Auswirkungen auf bestehende Institutionen

2.5.1. Landeshauptstadt Hannover

Die Landeshauptstadt Hannover ändert ihren kommunalrechtlichen Status von einer kreisfreien in eine regionsangehörige Stadt. Sie wird jedoch bei der Wahrnehmung der Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises und bei der Finanzierung wie eine kreisfreie Stadt behandelt. Einige Aufgaben des eigenen Wirkungskreises, u.a. örtlicher Träger der Sozialhilfe, örtlicher Träger der Jugendhilfe (vgl. Übersicht bei 2.3.2.) gehen auf die Region über; die Aufgabenwahrnehmung soll jedoch weiterhin durch die heute zuständigen Stelle der Landeshauptstadt Hannover erledigt werden.

2.5.2. Städte und Gemeinden des Landkreises Hannover

Gebietszuschnitt und kommunalrechtlicher Status der Städte und Gemeinden bleiben unberührt. Im übertragenen Wirkungskreis werden die Städte und Gemeinden des heutigen Landkreises Hannover - abhängig von ihrer Einwohnerzahl und Bedeutung - wie große selbständige Städte, selbständige Gemeinden oder kreisangehörige Gemeinden behandelt. Da es ein Ziel des Reformvorschlages ist, die Ebene der Städte und Gemeinden zu stärken, werden diesen weitere Aufgaben übertragen (vgl. 2.3.4.).

2.5.3. Landkreis Hannover und Kommunalverband Großraum Hannover

Der Landkreis Hannover und der Kommunalverband Großraum Hannover werden aufgelöst. Die REGION HANNOVER ist Rechtsnachfolgerin des Landkreises Hannover und des Kommunalverbandes Großraum Hannover. Sie übernimmt die Aufgaben dieser aufgelösten Körperschaften und tritt bei Beteiligungen an Gesellschaften und in sonstigen Vertragsbeziehungen an deren Stelle.

2.5.4. Bezirksregierung Hannover

Das Land Niedersachsen überträgt der REGION HANNOVER für ihren Bereich die Aufgaben bzw. Teilaufgaben der oberen Landesbehörde in folgenden Bereichen:

Zur Wahrnehmung dieser Aufgaben wird im erforderlichen Umfange Personal der Bezirksregierung von der REGION HANNOVER übernommen. Das Land zahlt der Region für die Wahrnehmung der Aufgaben der oberen Landesbehörde einen angemessenen jährlichen Zuschuß.

Die Bündelung von Aufgaben bei der REGION HANNOVER verbessert die Standortqualität durch Transparenz für Bürger, Bürgerinnen und Wirtschaftsunternehmen. Für sie gibt es nur noch einen Ansprechpartner: Die REGION HANNOVER.

Die Aufgaben bzw. Zuständigkeiten der Bezirksregierung für Gebietskörperschaften außerhalb der Region Hannover bleiben unberührt. Ebenso bleibt die Bezirksregierung obere Behörde für die oben nicht genannten Aufgaben (insbesondere Polizei und Schulwesen). Allerdings eröffnet die Bildung der REGION HANNOVER und die Übertragung von Zuständigkeiten der oberen Landesbehörde auf die REGION HANNOVER dem Land die Möglichkeit, seine eigene Verwaltungsorganisation der Mittelinstanz grundsätzlich zu überdenken.

2.5.5. Staatliche Sonderbehörden

Einzelne Aufgaben der staatlichen Sonderbehörden können auf die REGION HANNNOVER übertragen werden; denkbar ist z.B., daß das staatliche Amt für Wasser und Abfall seine Zuständigkeit an die REGION HANNNOVER vollständig abgibt.

2.6. Eckpunkte einer gesetzlichen Neuregelung

Die REGION HANNOVER wird auf der Grundlage eines Artikelgesetzes gebildet, das folgende Eckpunkte enthalten sollte:

Herbert Droste, Oberkreisdirektor

Jobst Fiedler, Oberstadtdirektor

Valentin Schmidt, Verbandsdirektor

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Axel Priebs, Kommunalverband Großraum Hannover, Postfach 6649, 30066 Hannover

Tel.: 0511 3661-249, FAX: 0511 3661-455


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