REGION HANNOVER

Neuordnung regionaler Zuständigkeiten in der Region Hannover

Hannovers ehemaliger Oberstadtdirektor Jobst Fiedler, der Oberkreisdirektor des Landkreises Hannover, Herbert Droste, und der Verbandsdirektor des Kommunalverbandes Großraum Hannover, Valentin Schmidt, haben gemeinsam ein Konzept erarbeitet, wie die Zusammenarbeit in der Region Hannover grundlegend neu strukturiert werden kann. Nicht nur der verschärfte internationale Standortwettbewerb sondern auch der Zwang zur Schaffung effizienterer und überschaubarer Verwaltungsstrukturen fordert dazu heraus, auch grundsätzlich bewährte regionale Institutionen auf den Prüfstand und Verbesserungen zur Diskussion zu stellen. Die europäische Integration unterstreicht die Notwendigkeit, die Bedeutung der Region im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung als Zukunftsaufgabe von Ballungsräumen weiter zu stärken.

Die Region Hannover gehört anerkanntermaßen zu den Großstadtregionen, in denen regionale Kooperation und Abstimmung schon heute einen vorbildlichen Stand erreicht haben. Um jedoch den Vorsprung dieser Region zu sichern und auszubauen, müssen die vorhandenen Potentiale der Region nach unserer Überzeugung noch besser gebündelt werden, um eine dynamische, zukunftsfähige Entwicklung in der Region zu gewährleisten. Gleichzeitig sollen die Landeshauptstadt Hannover sowie die anderen 20 Städte und Gemeinden der Region in ihrer Selbstverwaltungskraft und in ihren Kompetenzen gestärkt werden. Der Vorschlag ist speziell für die Region Hannover konzipiert. Die Autoren erheben keinen Anspruch der Übertragbarkeit auf andere Teilräume Niedersachsens oder andere Regionen. Dennoch ist zu prüfen, ob Elemente des Reformmodells auch Ansatzpunkte für Reformüberlegungen in anderen Räumen darstellen können.

Es wird eine stärkere Integration der Verwaltungsstrukturen in der Region vorgeschlagen, so daß nur noch zwei Ebenen bestehen bleiben. Gerade für eine monozentrische Region wie den Raum Hannover bietet eine solche neue Verwaltungsstruktur viele Vorteile. Die Überlegungen zur Neuorganisation beziehen sich ausschließlich auf das Gebiet von Landeshauptstadt Hannover und Landkreis Hannover. Die Kooperation mit den benachbarten Landkreisen wird dadurch jedoch nicht ausgeschlossen.

Neben den Städten und Gemeinden soll es im Ballungsraum Hannover nur noch eine Selbstverwaltungskörperschaft mit direkt gewählter Vertretungskörperschaft geben: die REGION HANNOVER. Der Landkreis Hannover und der Kommunalverband Großraum Hannover werden aufgelöst. Die REGION HANNOVER ist Rechtsnachfolgerin des Landkreises Hannover und des Kommunalverbandes Großraum Hannover. Die Landeshauptstadt Hannover wird in die REGION HANNOVER eingegliedert und erhält den Status der übrigen regionsangehörigen Städte und Gemeinden. Den Kommunen sollen erweiterte Kompetenzen aus dem Aufgabenkatalog des ehemaligen Landkreises Hannover übertragen werden. Als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft nimmt die REGION HANNOVER für den ehemaligen Landkreis Hannover und die Landeshauptstadt Hannover auch Aufgaben der Bezirksregierung als obere Verwaltungsbehörde wahr. Hierzu gehören Aufgaben aus den Bereichen Abfall, Natur- und Denkmalschutz, Wasser, Bauaufsicht, Ordnung und Straßenverkehr. Bei der Bezirksregierung Hannover verbleibt die Kommunalaufsicht für die Landeshauptstadt Hannover und wird die Aufsicht für die REGION HANNOVER wahrnehmen. Im eigenen Wirkungskreis übernimmt die REGION HANNOVER Aufgaben, die regionalen Charakter haben und derzeit vom Landkreis Hannover und der Landeshauptstadt Hannover wahrgenommen werden. Neue Aufgaben der REGION HANNOVER im eigenen Wirkungskreis sind: Örtlicher Träger der Sozial- und Jugendhilfe, Schulentwicklungsplanung, Verwaltung der Kreisschulbaukasse, Schulträger für Sonderschulen sowie für den Sekundarbereich I und II der allgemeinbildenden Schulen und berufsbildende Schulen, Rettungsdienst, Krankenhäuser/Krankenhausapotheken, Alten- und Pflegeheime, Abfallwirtschaft, Öffentlicher Personennahverkehr, Volkshochschulen, Regionalplanung, Regionale Naherholung, Wirtschaftsförderung, Gewährsträger für öffentlich-rechtliche Sparkassen, Bildstellen.

Da die REGION HANNOVER Aufgabenträgerin des gesamten öffentlichen Personennahverkehrs einschließlich des schienengebundenen Personennahverkehrs sowie der Regionalplanung für ihr Gebiet wird, ist eine integrierte Siedlungs- und Verkehrserschließung gesichert.

Ziel des Reformvorschlages ist es, die kommunale Ebene, d. h. die Gemeinde- und Stadtebene als unmittelbarer Ansprechpartner des Bürgers, zu stärken. Die REGION HANNOVER soll den Kommunen die Aufgaben überlassen, die vor Ort besser und effektiver erledigt werden können. Lediglich die Aufgaben und Funktionen, die über den örtlichen Bereich hinaus zwingend eine regionale Steuerung und Finanzierung verlangen, sind von der REGION wahrzunehmen. Der Reformvorschlag löst eine kritische Überprüfung des Aufgabenumfanges der Kreise, der Bezirksregierung, staatlicher Sonderbehörden und des Kommunalverbandes Großraum Hannover aus.

Der Reformvorschlag bringt auch innerhalb der Region einen finanziellen Ausgleich für spezifische Belastungen (Die REGION HANNOVER wird örtlicher Träger der Jugend- und Sozialhilfe). Die in Ballungsräumen unvermeidlichen Segregationsprobleme werden einem gerechten Lastenausgleich unterworfen. Soweit wie möglich werden zur Aufgabenerfüllung die Städte und Gemeinden herangezogen. Durch diese Art der Funktionalreform wird das Entstehen einer neuen zentralen bürgerfernen Bürokratie verhindert.

Bei der REGION HANNOVER verbleiben die Aufgaben, die zur Erhaltung und Stärkung der Konkurrenzfähigkeit im nationalen und internationalen Wettbewerb einer regionalen Steuerung bedürfen (z.B. Wirtschaftsförderung) sowie die Aufgaben, die regional effektiver organisiert werden können, ohne daß Bürgernähe verloren geht. Durch die Einbeziehung der Landeshauptstadt Hannover in die REGION HANNOVER können insbesondere grenzüberschreitende Aufgabenstellungen besser bewältigt werden; für den regionalen Aufgabenbestand können einheitliche Standards der Aufgabenwahrnehmung festgelegt werden.

Damit bleibt der Aufgabenbestand bei den Städten und Gemeinden in der REGION HANNOVER weitgehend unverändert. Die Dezentralisierung weiterer Aufgaben wird angestrebt; eine ausreichende finanzielle Ausstattung ist hierbei sicherzustellen.

Mit dieser Neuorganisation der Verwaltung werden Verwaltungsabläufe vereinfacht und Synergieeffekte erzielt. Die sich daraus ergebenden Einsparungen werden nicht sofort, aber doch mittelfristig eintreten. Eine entsprechende Personal- und Sachkostenreduzierung erfordert leider Zeit.

Die Schaffung neuer Verwaltungsstrukturen in der Region kann nicht die Probleme vom Bund und vom Land lösen, die sich aus der Verlagerung von Ausgaben und Aufgaben auf die Kommunen ohne entsprechende Finanzausstattung ergeben. Auch für die explodierenden Sozialhilfekosten bleiben Bund und Land weiterhin gefordert eine ausreichende Finanzausstattung der Kommunen sicherzustellen - zum Beispiel im Rahmen der Gemeindefinanzreform. Diese Forderung kann eine für den gesamten Raum sprechende REGION HANNOVER nachdrücklicher zur Geltung bringen.

Abschließende Aussagen zur zukünftigen Finanzausstattung und -verteilung in der Region können erst getroffen werden, wenn die endgültige Aufgabenverteilung zwischen Bezirksregierung, REGION HANNOVER, Landeshauptstadt Hannover und den Städten und Gemeinden der REGION HANNOVER erfolgt ist. Dabei sollte von folgenden Grundsätzen ausgegangen werden:

Neben den Städten und Gemeinden erhält auch die REGION HANNOVER Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich. Das Volumen der Zuweisungen für die Region Hannover insgesamt muß erhalten bleiben; durch die Veränderung der Verwaltungsstrukturen in der Region darf es keine Gewinner und Verlierer im kommunalen Finanzausgleich in Niedersachsen geben. Das Finanzvolumen der Region Hannover wird nicht zu Lasten anderer Räume in Niedersachsen verändert, sondern lediglich optimiert. Die Reformdiskussion muß unter der Zielvorgabe geführt werden, Ressourcen und Rationalisierungsspielräume zu nutzen, damit Städte und Gemeinden entweder entlastet werden oder aber zusätzlich finanzielle Spielräume zur wirtschaftlichen Erledigung der ihnen obliegenden Sachaufgaben erhalten.

Als 'Spitzenfinanzierung' erhebt die REGION HANNOVER eine Umlage von den Städten und Gemeinden. Die Höhe der Umlage wird so berechnet, daß sie zum Abbau von unangemessenen Disparitäten in der Region beiträgt. Dafür ist es erforderlich, für die REGION HANNOVER die Ermittlung der Umlagegrundlagen abweichend vom Finanzausgleichsgesetz festzulegen.

Für die Verlagerung von Aufgaben von der Bezirksregierung auf die Region erhält die REGION HANNOVER einen angemessenen finanziellen Ausgleich vom Land.

Für die in der Gründungsphase der REGION HANNOVER entstehenden Kosten leistet das Land eine Anschubfinanzierung, wie sie auch im Rahmen der Verwaltungs- und Gebietsreform Mitte der siebziger Jahre gewährt wurde.

Wünschenswert ist darüber hinausgehend eine eigene Steuerquelle für die REGION HANNOVER, über deren Einnahmen sie frei verfügen kann.

Das Diskussionspapier zur Bildung der REGION HANNOVER wird die notwendige öffentliche Diskussion über zukunftstaugliche regionale Verwaltungsstrukturen in der Region Hannover beleben. Fiedler, Droste und Schmidt sind davon überzeugt, daß die Basis der über 30-jährigen regionalen Kooperation im Raum Hannover angesichts der veränderten Rahmenbedingungen nunmehr grundsätzlich überdacht werden muß. Auf der Grundlage der langjährigen Erfahrungen mit unterschiedlichen Verbandsmodellen wird immer deutlicher, daß Versuche, den Status quo durch Einzelmaßnahmen zu optimieren, keine entscheidenden Verbesserungen mehr bringen können. Deshalb liegt den hier entwickelten Vorschlägen eine integrierte Sicht von Aufgabenstellungen und Aufgabenerfüllung einerseits und Finanzverantwortung andererseits für die Region zugrunde.

Die Resonanz aus den Bereichen Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Gewerkschaften und Wissenschaften ist beachtlich. Alle Interessengruppen sind ernsthaft daran interessiert, konstruktiv an der Entwicklung eines umsetzungsfähigen Modells mitzuwirken. Es besteht deshalb die berechtigte Hoffnung, daß die Zeit bis zum Kommunal-Wahljahr 2001 genutzt wird, um konkrete Entscheidungen für die Realisierung eines zukunftsicheren Verwaltungsreformmodells in der Region Hannover zu treffen.

Die Debatte über den Standort Deutschland muß zwangsläufig auch Auswirkungen auf die Staatsebenen haben. Eine leistungsfähige, effektive und ressourcensparende Verwaltungsstruktur ist ein wesentlicher Standortfaktor. Die Bürger und die Industrie erwarten zügige Planungs- und Genehmigungsverfahren, transparente und klare Verwaltungsabläufe und am ‘Bürgerkunden’ orientierte, effiziente Dienstleistungen. Das Aufnehmen der Reformvorschläge bietet der Politik die Chance, Gestaltungskompetenz zu zeigen und damit neues Vertrauen beim Bürger zurückzugewinnen.

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Axel Priebs, Kommunalverband Großraum Hannover, Postfach 6649, 30066 Hannover

Tel.: 0511 3661-249, FAX: 0511 3661-455

Zum ausführlichen Text: Das 'Blaue Papier'

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